Russland

Wird der 9. Mai 2022 eine Entscheidung im Ukraine-Krieg bringen?

Experten sagen, dass Wladimir Putin am 9. Mai 2022 Ergebnisse im Ukraine-Krieg präsentieren will. Wie sind die Aussichten?

Wladimir Putin (M.), Präsident von Russland, hält seine Rede, während Admiral Nikolai Jewmenow (l.), Oberbefehlshaber der russischen Marine, und Sergej Schoigu (r.), Verteidigungsminister von Russland, bei einer Parade zum Tag der Marine salutieren. Ein Bild aus dem Jahr 2021.
Wladimir Putin (M.), Präsident von Russland, hält seine Rede, während Admiral Nikolai Jewmenow (l.), Oberbefehlshaber der russischen Marine, und Sergej Schoigu (r.), Verteidigungsminister von Russland, bei einer Parade zum Tag der Marine salutieren. Ein Bild aus dem Jahr 2021.Alexei Nikolsky/Pool Sputnik Kreml

Der Untergang des russischen Kriegsschiffs „Moskwa“ könnte, rückblickend betrachtet, ein symptomatisches Ereignis gewesen sein. Das gesunkene Schiff, das allen Indizien nach von zwei ukrainischen Raketen zerstört wurde, steht stellvertretend für die Probleme, mit denen das russische Militär aktuell zu kämpfen hat. Die Ukrainer sind besser organisiert und bewaffnet, als es die russischen Geheimdienste noch vor der Invasion wohl gedacht hätten.

Auch wenn zu bedenken ist, dass das russische Militär – den meisten Experten zufolge – noch nicht alle Register gezogen hat, kommt man nicht daran vorbei, die Invasion der Russen als überraschend verlustreich zu bezeichnen. Der weitere Verlauf des Krieges könnte gerade deshalb, insbesondere mit Blick auf die Kämpfe in der Ostukraine, noch brutaler und kompromissloser ausfallen. Und doch deuten die großen Verluste darauf hin, dass Russlands Generäle vom Widerstand der ukrainischen Armee überrascht wurden.

Selbst im reglementierten Fernsehen lassen sich die Verluste offen aussprechen

Was wird weiter passieren? Analysten hatten schon vor Wochen auf den 9. Mai 2022 als den entscheidenden Tag hingewiesen, an dem Wladimir Putin beim Gedenktag an das Ende des Zweiten Weltkriegs (am Tag des Sieges) erste Erfolge, einen Sieg oder sogar einen Frieden in der Ukraine vermelden will. Mit Blick auf den Rückzug der russischen Truppen aus Kiew und die verhärteten Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine wird Putins (vermeintlicher) Plan immer unwahrscheinlicher. Die Zerstörung der „Moskwa“ ist, aus russischer Sicht, ein weiterer Misserfolg, der das Fortkommen ins Stocken bringen könnte.

In internationalen Medien hieß es am Sonntag, dass ein Gast im russischen Fernsehen Zweifel am weiteren Kurs Russlands gesät hätte. In einer Ausgabe der Fernsehsendung „Ein Abend mit Vladimir Solovyov“, die diversen Presseberichten zufolge beim Fernsehsender Rossija 1 ausgestrahlt wurde, deutete der russische Abgeordnete Semyon Bagdasarov an, dass der Krieg beendet werden müsse, nachdem Russland demütigende Verluste erlitten hatte. Bei Twitter hieß es später, dass die Fernsehaufnahme einen Monat alt sei. Tatsächlich hatte der Abgeordnete Semyon Bagdasarov die Sätze schon im März geäußert. Den Beitrag jetzt wieder als „News“ auszugeben, war also eine Finte ukrainischer Unterstützer.

„Lassen wir Diplomaten (...) dieses Problem lösen“

Der Gast in der TV-Sendung sagte damals, dass Russland sich nicht in einen Konflikt verwickeln lassen solle, der sich „als ein weiteres Afghanistan“ herausstellen könnte. Er bezog sich auf den katastrophalen Krieg zwischen der Sowjetunion und den Mudschaheddin-Kämpfern, der in den 1980er-Jahren verlustreich endete.

Der Fernsehexperte sagte noch einige weitere erstaunliche Sätze, die man im russischen Staatsfernsehen so nicht erwarten würde. Etwa: „Die Ukrainer können sich doch eigentlich selbst denazifizieren. Wir können das nicht für sie tun.“ Und: „Müssen wir uns in ein weiteres, noch schlimmeres Afghanistan stürzen? In der Ukraine gibt es mehr Leute und sie sind fortgeschrittener im Umgang mit Waffen. Das brauchen wir nicht. Es reicht. Die Armee hat ihre Aufgabe bereits erfüllt. Lassen wir Diplomaten (...) dieses Problem lösen. Die Armee kann nicht das Entscheidungsorgan für all diese Dinge sein.“

Die Indizien deuten nicht darauf hin, dass Wladimir Putin aufzugeben plant

Der Ausschnitt aus der russischen Fernsehsendung wurde am Sonntag auf verschiedenen Plattformen als „News“ geteilt. Die New York Times bezog sich in einer Analyse auf die Sendung, ebenso die britische Times.

Dabei muss man bedenken: Die Indizien deuten nicht darauf hin, dass Wladimir Putin aufzugeben plant. Die Deutsche Presse-Agentur schrieb noch am Sonntag: „Trotz seiner Konzentration auf den Osten der Ukraine bleibt Russlands Kriegsziel nach Einschätzung britischer Geheimdienste unverändert. Moskau wolle die Ukraine dazu zwingen, ihre euro-atlantische Ausrichtung aufzugeben. Außerdem wolle es seine eigene Dominanz in der Region behaupten (...). Operativ sei Russland weiterhin dabei, seine Truppen und seine Ausstattung aus Belarus in Richtung der Ostukraine zu verlagern.“

Das klingt nicht nach Frieden.

Transparenzhinweis: In einer vorherigen Version dieses Textes wurde darüber berichtet, dass der TV-Beitrag wahrscheinlich aktuell sei. Dies hat sich später als falsch herausgestellt. Die Redaktion hat diesen Beitrag entsprechend aktualisiert.

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