Ernüchternde Ergebnisse

Neue Studie: Klimaschutz finden ausgerechnet die Jüngeren nicht so wichtig

Von wegen Fridays for Future und Letzte Generation. Wenn es um den Job geht, ist jungen Menschen was ganz anderes wichtig als die Umwelt und das Klima. 

Akktion von Fridays for Future an der Oberbaumbrücke. Die große Mehrheit der Jugendlichen findet das Thema Nachhaltigkeit aber eher nicht so wichtig. 
Akktion von Fridays for Future an der Oberbaumbrücke. Die große Mehrheit der Jugendlichen findet das Thema Nachhaltigkeit aber eher nicht so wichtig. Fridays for Future Deutschland

Der Generation Z wird nachgesagt, dass sie sich besonders für Nachhaltigkeit und Klimafragen interessiert und auch aktiv dafür einsetzt. Die Bewegungen Fridays for Future und Letzte Generation sind aber womöglich nur eine sehr laute Minderheit. Wenn es um den eigenen Job geht, denken gerade junge Menschen ganz anders.

Das legt zumindest das Ergebnis einer neuen Studie der Bertelsmann-Stiftung nahe. Sie legt offen, dass das Thema Nachhaltigkeit in Unternehmen zwar als wichtig anerkannt wird – die Beschäftigten leiten für sich selbst jedoch keine Handlungsoptionen daraus ab. So sagt knapp die Hälfte (49 Prozent) der Befragten, dass Nachhaltigkeit grundsätzlich ein wichtiges Ziel ist – das sind 12 Prozentpunkte mehr als bei einer vorangegangenen Untersuchung im Jahr 2020. Die große Mehrheit (72 Prozent) ist allerdings auch der Meinung, dass die Umsetzung in erster Linie die Sache der Unternehmen ist. An zweiter Stelle wird die Politik genannt – und erst dann die eigene Verantwortung.

Für die Studie befragte die Bertelsmann-Stiftung zusammen mit dem Marktforschungsunternehmen Ipsos im Dezember 2021 insgesamt 1250 Arbeitnehmer zwischen 18 und 65 Jahren aus verschiedenen Branchen zum Thema Nachhaltigkeit. 25 Prozent der Befragten waren Führungskräfte. Im April 2022 wurde eine Auswahl der Fragen einer Stichprobe von weiteren 584 Arbeitnehmern gestellt, um die Auswirkungen der Ukrainekrise auf das Ergebnis abschätzen zu können.

Noch deutlicher wird das Ergebnis bei der Frage, welche Themen für die Beschäftigten in einem Unternehmen wirklich wichtig sind. Für die meisten Befragten hat die Sicherheit des Arbeitsplatzes oberste Priorität, an zweiter Stelle kommt das Gehalt und danach die Kollegialität im Betrieb. Ob das Unternehmen, in dem sie tätig sind, „Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft“ übernimmt, wird von den Befragten erst an siebter Stelle genannt.

Interessant ist hierbei die Auffächerung nach Altersstufen: So ist ausgerechnet bei den jüngeren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Alter zwischen 18 und 24 Jahren die Verantwortung ihres Unternehmens für Umwelt und Gesellschaft noch unwichtiger. Dieser Punkt steht auf der Wichtigkeitsskala dieser Altersgruppe sogar erst auf Rang 9. Die 25- bis 34-Jährigen und die 35- bis 44-Jährigen erachten das Thema für etwas wichtiger, hier kommt es auf Platz 8. Erst die Älteren stufen es dann noch ein bisschen höher. Bestimmend für die Job-Wahl ist es aber in keiner Altersgruppe. Auch interessant: Es gab bei diesen Ergebnissen keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern.

Das gilt auch für die Frage, ob sich die Beschäftigten mit den Werten ihres Unternehmens identifizieren können. Das steht bei der Gesamtheit alle Befragten auf Platz 5. Bei den jüngsten Arbeitnehmern zwischen 18 und 24 Jahren rutscht aber auch dieses Thema ab – auf Rang 8. Das Bewusstsein, dass man eine sinnstiftende Tätigkeit ausübt, ist also viel weniger wichtig als gemeinhin angenommen.

Das Ergebnis hat auch die Forscher überrascht. „Dass sich die Jüngeren weniger für Nachhaltigkeit interessieren als die Älteren, könnte man aber auch so interpretieren, dass man es sich auch leisten können muss“, sagte Ipsos-Direktorin Ingrid Feinstein am Freitag bei der Vorstellung der Studie in Berlin. Martin Spilker, Direktor der Bertelsmann-Stiftung, erklärte, dass das Thema Nachhaltigkeit eine eher akademische Debatte sei, die nicht bei den Angestellten ankomme. So hätten Führungskräfte Nachhaltigkeit durchweg als wichtiger eingestuft.

Generell sei die Bilanz für das Thema Nachhaltigkeit in Unternehmen „eher ernüchternd bis alarmierend“, so die Forscher. Der Begriff sei noch viel zu wenig im Alltag der Menschen angekommen. Die Unternehmen sollten daher konkrete Ziele und Maßnahmen formulieren, um so den Nutzen des Klimaschutzes im Arbeitsalltag zu vermitteln.