20 Jahre nach Merkel-Antritt

Ich hätte nie gedacht, dass mir Angela Merkel als Kanzlerin einmal fehlen würde

Angela Merkel wurde vor 20 Jahren Kanzlerin, Merz versagt heute spektakulär. Seine Umfragewerte stürzen ab, die CDU ist führungs- und ziellos. Wie lange soll das noch so gehen?

Zwei Ms, aber nur eins mit Format.
Zwei Ms, aber nur eins mit Format.IMAGO

Friedrich Merz hat gerade mal wieder einen seiner spektakulären Fehltritte hingelegt. Zwei Wochen ließ seine Regierung einen Friedensplan für die Ukraine in einer Schublade oder einem Bundesamt versauern – zwei Wochen, in denen hunderte Menschen verletzt oder getötet wurden.

Vermeidbare Opfer, weil der Mann, der im ersten Wahlgang zum Kanzler durchfiel, offenbar wichtigere Dinge zu tun hatte, um dann in demonstrativer Hektik auszubrechen, als zu offensichtlich wurde, dass er die Prioritäten falsch gesetzt hat.

Musste Merz wieder etwas richtigstellen?

Musste er gerade wieder einmal erklären, warum er sich von der AfD unterstützen ließ? Oder warum er Waffenlieferungen an Israel stoppte, ohne seine eigene Partei zu informieren? Oder warum nach nur sechs Monaten im Amt bereits 74 Prozent der Deutschen nicht wollen, dass er noch einmal antritt? „Wir haben es nicht geschafft", tönte er über Merkels Migrationspolitik – dabei schafft er es ja nicht mal, seine Post rechtzeitig zu öffnen.

Ich gestehe: Niemals hätte ich gedacht, dass ich mich dereinst nach der Zeit unter Angela Merkel zurücksehnen würde, die heute vor 20 Jahren die Regierungsführung übernahm. Ich, der sich in den späten Achtzigern unter Helmut Kohl politisierte, in einer westdeutschen Kleinstadt, wo die Revolution darin bestand, Anti-AKW-Buttons am Schulranzen anzubringen.

Was wir 2005 nicht ahnten

Sehnsucht nach ein wenig Merkel-Kanzlerschaft also von mir, der ein Jahr in Lateinamerika zwischen Che-Guevara-Romantik und der harten Realität neoliberaler Strukturanpassungsprogramme Ende der Neunziger nach Berlin kam, um zu studieren und bei einer kleinen linken Tageszeitung anzuheuern.

2005 erlebte ich dort Merkels Machtübernahme. Wir schrieben wütende Leitartikel über die „Kanzlerin der Bosse“. Wie naiv wir waren. Heute, während Merz das Land mit seiner Mischung aus Arroganz und Überforderung regiert, erscheint mir Merkels ruhige Art wie eine verlorene Zivilisationsleistung.

Wirtschaftliche Bilanz: Merz' Politik im Vergleich zu Merkel

Schauen wir uns die Fakten an: Unter Merkel sank die Arbeitslosigkeit auf historische Tiefstände, die Staatsschuldenquote fiel 2019 erstmals seit 2002 unter 60 Prozent. Ja, sie hat Fehler gemacht. Ja, der Investitionsstau ist real. Aber sie hat dieses zerrissene Land 16 Jahre lang zusammengehalten, durch zahlreiche Krisen. Es stimmt auch, dass neue Krisen entstanden. Allein: Gelöst hat sie seither niemand.

Am wenigsten Friedrich Merz. Nach einem halben Jahr Kanzlerschaft dümpelt die Wirtschaft bei 0,2 Prozent Wachstum herum. Die Arbeitslosigkeit steigt wieder. Das Bürgergeld wird eingefroren, während er der Industrie Milliarden hinterherwirft – 500 Milliarden Euro Sondervermögen hier, subventionierter Industriestrom da.

Die Kinderarmut liegt bei über 15 Prozent. Die Körperschaftsteuer sinkt bis 2032 auf zehn Prozent. Die Wirtschaftspolitik von Friedrich Merz stößt auf breite Kritik und ist für viele ein Rückschritt, wenn man den Vergleich Merz-Merkel zieht. Die Kritik an Friedrich Merz‘ Politik nimmt zu, denn viele sehen in seiner Regierung mehr Probleme als Lösungen.

Kritik am Rechtsruck: Die CDU unter Merz und die Nähe zur AfD

Der Mann, der Merkel einst vorwarf, sie habe „die CDU sozialdemokratisiert“ und ihre Politik sei „ein Irrweg“, regiert jetzt mit genau jener SPD, die er jahrelang als Untergang des Abendlandes beschwor. „Merkel hat die Partei nach links gerückt“, klagte er noch 2018 – heute rückt er sie so weit nach rechts, dass selbst die CSU nervös wird.

Als er im August überraschend Waffenlieferungen an Israel stoppte, ohne seine eigene Fraktion zu konsultieren, war das Chaos perfekt. Die eigenen Leute sprechen hinter vorgehaltener Hand von „Führungsschwäche“ und „Kommunikationsdesaster“. Diese Kritik am Führungsstil von Friedrich Merz zieht sich durch alle Reihen: Unabgestimmte Entscheidungen, mangelnde Kommunikation, Alleingänge – das sind die Vorwürfe an den CDU-Kurs unter Merz.

Die Nähe von Merz zur AfD wird zunehmend diskutiert. Viele Beobachter werfen ihm vor, er biete sich der AfD an, um kurzfristige politische Erfolge zu erzielen, gefährde damit aber die demokratische Mitte. Das Thema Merz und die AfD ist längst zu einem festen Bestandteil der öffentlichen Diskussion geworden.

Die Krise der CDU: Niedergang der Volkspartei unter Merz?

Während alle über die Krise der SPD reden, erleben wir gerade den spektakulären Niedergang der Christdemokratie. Merkel hatte die CDU in die Mitte geführt, machte sie für breite Schichten wählbar. Merz? Der treibt sie nach rechts, biedert sich der AfD an und merkt nicht mal, dass er damit genau das Gegenteil von dem erreicht, was er will.

Die CDU unter Merkel war eine Volkspartei. Die CDU unter Merz ist ein Klub verbitterter alter Männer, die von den guten alten Zeiten träumen, als „unsere Töchter“ noch nicht Kanzlerinnen werden konnten und Migration ein Fremdwort war. Die CDU-Krise unter Merz ist offensichtlich: Der Verlust der politischen Mitte, interne Zerwürfnisse und eine erschreckende Ideenlosigkeit.

Umstrittene Aussagen von Friedrich Merz

Immer wieder sorgt Friedrich Merz mit umstrittenen Aussagen für Schlagzeilen. Ob es seine Äußerungen zum sozialen Zusammenhalt, zu Migration oder zur Rolle Deutschlands in der internationalen Politik sind – häufig werden seine Worte als polarisierend und wenig diplomatisch wahrgenommen. Kritiker werfen ihm vor, mit plakativen Sprüchen Ressentiments zu bedienen, anstatt Lösungen anzubieten.

Merz als Kanzler: Umfragen und Zustimmungswerte

Im ersten Wahlgang zum Kanzler durchgefallen – ein Novum in der Geschichte der Bundesrepublik. Nach 100 Tagen im Amt nur noch 32 Prozent Zufriedenheit.

Im Herbst 2025 wollen gerade mal 18 Prozent, dass er nochmal antritt. Bei jungen Frauen liegt seine Zustimmung bei katastrophalen neun Prozent. Die Zustimmungswerte für Friedrich Merz sind ein Spiegelbild der gesellschaftlichen Polarisierung. Die Umfragen zu Merz als Kanzler offenbaren: Die breite Mehrheit der Bevölkerung steht seiner Politik kritisch gegenüber.

Die verpasste Chance: Probleme unter Kanzler Merz

Das Tragische ist: Deutschland hätte nach Merkel einen Neuanfang gebraucht. Mutige Reformen, massive Investitionen in Bildung und Infrastruktur, eine echte Energiewende. Stattdessen bekamen wir Friedrich Merz – und mit ihm zahlreiche neue Herausforderungen. Die Bilanz der Regierung Merz fällt entsprechend ernüchternd aus. Die Probleme unter Kanzler Merz reichen von wachsender sozialer Ungleichheit über politische Spaltung bis hin zu wirtschaftlicher Stagnation.

Er, der sich als „Anti-Merkel" inszeniert, beweist vor allem eines: dass Destruktion leichter ist als Konstruktion, dass Spalten einfacher ist als Einen, dass Ressentiments schneller mobilisiert sind als Vernunft. Dass ein Kanzler eine bessere Impulskontrolle braucht – oder überhaupt eine.

Angela Merkel Nachfolger: Die Ironie der Geschichte

„Wir schaffen das", sagte Merkel 2015. „Wir haben es nicht geschafft", kontert Merz 2025. Aber was genau schafft er denn? Die Wirtschaft stagniert, die Gesellschaft ist gespalten wie nie, international macht sich Deutschland zum Gespött. Im Weißen Haus wird er wie ein Schuljunge für sein gutes Englisch gelobt, in Moskau lässt er das Land von einem fachfremden FDPler vertreten.

Ich frage mich, was Merkel wohl heute über ihn denkt, wenn sie heute, 20 Jahre nach ihrem Amtsantritt, von ihrem Rückzugsort in der Uckermark auf das Chaos blickt, das ihr Nachfolger anrichtet. Vermutlich das, was sie immer gedacht hat, aber nie aussprach: dass Merz ein Politiker von gestern ist, der die Zeichen der Zeit nicht erkannt hat.

Fazit: Deutschland, hüte Dich vor den Enden des Merz

Und die Deutschen? Die werden sich noch an Merkels ruhige Hand zurücksehnen, wenn Merz mit seiner Mischung aus Überheblichkeit und Unfähigkeit das Land vollends an die Wand gefahren hat. Spätestens, seitdem die AfD der Union in den Umfragen dicht auf den Fersen ist, sollten auch die letzten Merkel-Kritiker verstanden haben: Die Frau hat dieses Land 16 Jahre lang irgendwie auch vor sich selbst beschützt.

Aber das Verhängnis hat gerade erst begonnen. Friedrich Merz ist der lebende Beweis dafür, dass es immer noch schlimmer kommen kann.

Deutschland, hüte Dich vor den Enden des Merz.