Interview

Herr Minister, schmeckt eine polnische Kartoffel wirklich besser als eine deutsche?

Die Grüne Woche ist eröffnet. Den polnischen Stand besuchte der Landwirtschaftsminister Polens, Henryk Kowalczyk. Wir haben mit ihm über die deutsch-polnischen Beziehungen gesprochen.

Polens Landwirtschaftsminister Henryk Kowalczyk (links) mit dem polnischen Botschafter Dariusz Pawlos (rechts) auf der Grünen Woche in Berlin, 20.1.2023
Polens Landwirtschaftsminister Henryk Kowalczyk (links) mit dem polnischen Botschafter Dariusz Pawlos (rechts) auf der Grünen Woche in Berlin, 20.1.2023Foto: Screenshot Polnische Botschaft Berlin

Bei der Eröffnung der Grünen Woche traf sich der polnische Landwirtschaftsminister Henryk Kowalczyk mit dem polnischen Botschafter Dariusz Pawlos. Am Rande des Events sprachen wir mit ihm über die aktuellen Herausforderungen der EU.

Herr Minister, wie ist der Stand der polnischen Landwirtschaft heute? Sind Sie zufrieden?

Ja. Die polnische Landwirtschaft entwickelt sich sehr dynamisch. Das beweist vor allem der wachsende Export. Wegen des Krieges in der Ukraine gab es große Bedenken, dass die Entwicklung der polnischen Landwirtschaft, aber auch der ganzen Landwirtschaft innerhalb der EU sich verlangsamen würde. Wegen der Preiserhöhung beim Dünger, beim Sprit. Aber insgesamt konnten wir die Krise umgehen.

Hat Polen mit Blick auf die weltweiten Herausforderungen andere Probleme als Deutschland? Oder ähneln sie sich?

Sicherlich sind die Probleme in der EU ähnlich. Der einzige große Unterschied ist, dass Polen, das an die Ukraine grenzt, mehr Kraft investieren muss, um den Export ukrainischen Getreides in den Westen sicherzustellen und die Preise zu stabilisieren. Insgesamt musste sich Polen besonders stark einsetzen für die Ukraine, momentan leben etwa zwei Millionen Ukrainer im Land, die wegen des Krieges geflohen sind. Wir haben in Polen keine Flüchtlingslager, das betone ich immer wieder. Die polnische Gesellschaft hat sich aufgeopfert und sich den großen Herausforderungen gestellt. Man muss nun in Polen auch mehr Menschen mit Lebensmitteln versorgen. Das hat aber der Wirtschaft keine Probleme bereitet.

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Foto: Privat
Zur Person
Henryk Kowalczyk wurde am 15. Juli 1956 in Żabianka geboren. Er ist ein polnischer Politiker, Kommunalpolitiker und seit 2005 Abgeordneter des Sejm in der V., VI., VII. und VIII. Wahlperiode, ehemaliger Staatssekretär im Ministerium für Landwirtschaft in der Regierung Jarosław Kaczyński. Am 16. November 2015 wurde er im Kabinett Szydło zum Leiter des ständigen Ausschusses des Ministerrates und am 9. Januar 2018 im Kabinett Morawiecki I zum Umweltminister ernannt. Seit 2021 ist er Landwirtschaftsminister.

Also ist es besser, als alle dachten?

Ja, alle hatten Angst. Aber nach fast einem Jahr kann man sagen, dass Polen gut mit der Situation zurechtkommt. Auch die Integration der Ukrainer funktioniert sehr gut. Ich bin also positiv überrascht.

Viele Polen auf der Grünen Woche sagten mir, dass die deutsch-polnischen Beziehungen sehr schlecht sind. Sehen Sie die Beziehungen auch so negativ?

Nein, absolut nicht. In der Landwirtschaft läuft die Partnerschaft sehr gut. Aber es gibt einen entscheidenden Unterschied. Wir unterstützen die Ukraine militärisch. Deutschland ist da zögerlich. Ich verstehe auch die historischen Bedenken. Trotzdem: Jetzt müssen wir uns gemeinsam der Aufgabe stellen. Wir müssen unbedingt die Ukraine militärisch unterstützen, damit der Krieg schnell endet. Deutschland hilft langsamer, aber ich denke, dass der Weg in die richtige Richtung geht.

Blicken Sie auf die Ramstein-Verhandlungen optimistisch?

Ja, ich bin da optimistisch. Schauen Sie auf die Anfänge des Krieges. Da war Deutschland besonders zögerlich. Man diskutierte, ob man überhaupt der Ukraine militärisch helfen solle. Das steht jetzt außer Zweifel.

Der polnische Stand auf der Grünen Woche. Auf dem Bild: der polnische Direktor des polnischen Fremdenverkehrsamts, Konrad Guldon (Mitte).
Der polnische Stand auf der Grünen Woche. Auf dem Bild: der polnische Direktor des polnischen Fremdenverkehrsamts, Konrad Guldon (Mitte).Der polnische Stand auf der Grünen Woche.

Ist Deutschland eine Konkurrenz in der Landwirtschaft oder ein Partner?

Die Landwirtschaft in der EU ist so miteinander verbunden, dass der europäische Markt keine Konkurrenz darstellt. Eine Konkurrenz sind die landwirtschaftlichen Produkte außerhalb der EU. In der EU herrschen strenge Regeln, an die sich alle in der EU halten müssen. Insofern gibt es da ein faires Zusammenspiel.

Viele Polen sagen trotzdem, dass sie lieber eine polnische Kartoffel essen als eine deutsche. Ist das eine emotionale Perspektive?

Ich bestätigte das natürlich gerne. Wir sind stolz auf unsere landwirtschaftlichen Produkte. Ich denke, dass sich viele Polen an den Geschmack polnischer Lebensmittel einfach gewöhnt haben. Aber es ist tatsächlich so, dass wir in den vergangenen Jahrzehnten einfach nicht so viele chemische Substanzen verwendet haben. Die Böden sind nicht so belastet bei uns, aus historischen Gründen. Deutschland hat sich an Holland orientiert.

Haben die Polen also vor den Deutschen das Phänomen „bio“ erfunden?

Bio – das ist eine andere Kategorie, eine zertifizierte. Mir ging es vor allem um die Böden, die einen eher natürlichen Zustand haben, als das im Westen der Fall ist. Hier sehe ich einen Vorteil.

Danke für das Gespräch.

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