Südkaukasus

Proteste gegen Agentengesetz: Warum in Georgien kein „Euromaidan 2.0“ bevorsteht

Die Darstellung der innenpolitischen Auseinandersetzungen in Georgien durch die deutschen Medien greift oft zu kurz und verzerrt das eigentliche Geschehen.

Demonstration in der georgischen Hauptstadt Tiflis: mit Kerzenlicht, den europäischen Sternen und der Fünfkreuzflagge für Freiheit und Unabhängigkeit
Demonstration in der georgischen Hauptstadt Tiflis: mit Kerzenlicht, den europäischen Sternen und der Fünfkreuzflagge für Freiheit und UnabhängigkeitZurab Tsertsvadze/AP/dpa

Wenn deutsche Medien und Aktivisten über den aktuellen innenpolitischen Konflikt in Georgien reden, bedienen sie sich häufig begrifflicher Schablonen aus der Ukraine 2013/14. Von einem „russischen Gesetz“ und einer „prorussischen Regierung“ ist dann die Rede, in sozialen Netzen fällt sogar der Begriff „Euromaidan 2.0“. Die allzu rasche Einsortierung georgischer Verhältnisse in bekannte Schubladen ist jedoch nicht nur ungenau, sondern falsch.

Gegenstand vieler Proteste ist das neue „Agentengesetz“ – wobei in der deutschen Presse zu kurz kommt, dass auch die Regierung bis zu hunderttausend ihrer Anhänger auf die Straße bringt. Laut dem Gesetz sollen Organisationen, die mehr als 20 Prozent ihrer Mittel aus dem Ausland beziehen, bei den Behörden registriert werden. Tatsächlich gibt es ein Gesetz dieser Art in Russland, das allerdings viel weiter geht und auch Privatpersonen betrifft. Es zwingt zur Anzeige des Agentenstatus neben jeder Veröffentlichung, verhindert Werbung und wurde staatlicherseits aktiv zuerst zur Diskreditierung und schließlich zur Ausschaltung oppositioneller Stimmen genutzt.

Berliner Zeitung

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