Eine dieser Tage oft gehörte Frage: Wie geht es weiter im Ukrainekrieg? Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sähe den Waffenstillstand lieber heute als morgen; die Europäer würden sich nicht widersetzen. Donald Trump ist sogar zu Verhandlungen während anhaltender Kämpfe bereit.
Im Westen heißt es oft: Wenn Russland seinen Feldzug beendet und sich aus der Ukraine zurückzieht, ist der Krieg sofort vorbei. Ein solches Szenario wird jedoch nicht eintreten. Die russische Armee bombt und bombt, sie rückt auch weiter vor – in winzigen Schritten, wie es für den neuen Abnutzungskrieg charakteristisch ist. Russische Gleitbomben und Drohnen richten Nacht für Nacht Zerstörungen an, teils tief in der Westukraine. Zivilisten sterben, das internationale Echo ist verheerend, doch in einer Zeit, die sich erneut an Krieg gewöhnt, stört das nicht. Nicht in Moskau.
Bleibt die Frage, wie es weitergeht. Offensichtlich hat Wladimir Putin ein Ziel vor Augen. Er ist gewissenlos, aber er handelt rational. Will er das Sowjetreich wieder errichten, die russische Herrschaft über Osteuropa?
Nein, das eigentliche Ziel Russlands ist Sicherheit. Wer jetzt auflacht und „typisches Putin-Narrativ“ ruft, bezeugt damit nur unsere größte Schwäche. Wir haben verlernt, mit den Augen des Gegners zu sehen – eine Fähigkeit, die der antike chinesische General Sunzi schon ein halbes Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung als Bedingung des Sieges beschrieb.

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