Gipfeltreffen in Südafrika

G20 ohne die USA: Wie Trumps Boykott China und die Brics-Allianz stärkt

Der Rückzug der USA vom G20-Gipfel eröffnet China und den Brics-Staaten neue Spielräume und verschiebt den Fokus der internationalen Beratungen. Eine Analyse.

US-Präsident Donald Trump behauptet, in Südafrika würde ein Genozid an Weißen stattfinden.
US-Präsident Donald Trump behauptet, in Südafrika würde ein Genozid an Weißen stattfinden.Alex Brandon/AP/dpa

Der G20-Gipfel im südafrikanischen Johannesburg steht in diesem Jahr unter besonderen Vorzeichen: Die Staats- und Regierungschefs mehrerer wirtschaftlich und militärisch bedeutender Mitgliedsstaaten bleiben dem Treffen fern. Allen voran US-Präsident Donald Trump, der den Gipfel am Wochenende vollständig boykottiert und sich damit erstmals in der Geschichte der G20 – seit ihrem ersten Treffen 2008 in Washington – aus den Beratungen zurückzieht.

Trump begründet seine Absage mit schweren Vorwürfen gegen die südafrikanische Regierung. Er wirft ihr vor, weiße Farmer zu verfolgen, zu töten und ihr Land zu enteignen, und spricht sogar von einem Genozid an Weißen, ohne dafür Belege vorzulegen. Pretoria weist die Anschuldigungen entschieden zurück.

Trump, Xi und Putin bleiben dem Gipfel fern

Die tatsächlichen Gründe für Trumps Boykott dürften jedoch anders gelagert sein: Die von Südafrika priorisierten Themen – der Kampf gegen die Klimakrise sowie die wirtschaftliche Stärkung afrikanischer Entwicklungsländer – passen kaum zu Trumps politischer Agenda. Er glaubt nicht an den menschengemachten Klimawandel, hat erneut den Ausstieg aus dem Pariser Abkommen vollzogen und die US-Entwicklungshilfe eingestellt, was für viele Staaten in Afrika gravierende Folgen hat.

Neben Trump fehlen auch Chinas Präsident Xi Jinping und Russlands Staatschef Wladimir Putin. Beide schicken immerhin hochrangige Vertreter: Für Xi reist Ministerpräsident Li Qiang an, Putin lässt sich durch den stellvertretenden Leiter der Präsidialverwaltung, Maxim Oreschkin, vertreten. Insgesamt sind nur 13 der 19 G20-Staats- und Regierungschefs persönlich vor Ort.

BRICS-Staaten wollen Kooperation vertiefen

Beobachter sehen im diesjährigen Gipfel trotz – oder gerade wegen – der prominenten Absagen eine Chance für die Brics-Staaten, ihre Zusammenarbeit weiter zu intensivieren. „Dieser Gipfel kann dazu beitragen, die Kooperation in für die Gruppe zentralen Bereichen zu vertiefen, darunter technologische Innovation, eine gerechte Energiewende, Ernährungssicherheit und die Stärkung globaler Wertschöpfungsketten“, erklärt Alcides Eduardo dos Reis Peron, Professor an der Universität Campinas in Brasilien.

Das Treffen biete zudem Gelegenheit, koordinierte Maßnahmen in bedeutenden Politikfeldern voranzubringen, von der Armutsbekämpfung bis zur Stärkung von Projekten zur Energiewende und digitalen Teilhabe. Auch ihre Forderungen nach Reformen internationaler Institutionen wie den Vereinten Nationen und des globalen Finanzsystems könnten die Brics-Staaten hier weiter untermauern.

Tatsächlich spielt die US-Abwesenheit vor allem Russland und China in die Hände. Mit seinem Rückzug aus der internationalen Führungsrolle überlässt Trump den beiden Staaten weitgehend die Bühne, obwohl die G20 eigentlich stark westlich geprägt sind.

In den vergangenen Jahren stand der Ukrainekrieg im Mittelpunkt der Gipfelberatungen, so auch in diesem Jahr in Südafrika. Doch ohne Trump, Putin und Xi sind kaum Fortschritte zu erwarten. Ähnlich verhält es sich mit dem Nahost-Friedensprozess, der auf Trumps sogenanntem Friedensplan beruht.

Steht die G20 vor einem Zerfall entlang geopolitischer Bruchlinien?

Peking und Moskau setzen inzwischen verstärkt auf das Brics-Format, während sich die westlichen Staaten in der G7 wiederfinden. Somit drohen die G20 zum Opfer des geopolitischen Kampfes zwischen den USA und ihren Verbündeten auf der einen sowie China und Russland auf der anderen Seite zu werden.

Dennoch ist die G20 keineswegs bedeutungslos. Auch in Südafrika stehen zentrale geopolitische Themen auf der Agenda, und die USA werden diese nicht vollständig ignorieren können. Washington ist auf eine funktionierende Weltwirtschaft und verlässliche Rohstofflieferungen angewiesen. Außerdem spielen die USA eine zentrale Rolle bei zahlreichen Konflikten im globalen Süden.

Die EU und Deutschland versuchen angesichts der Abwesenheit der Schwergewichte, sich als verlässlicher globaler Akteur zu präsentieren. „Die Europäische Union ist hier. Wir sind berechenbare, verlässliche und vertrauenswürdige Partner“, betonte EU-Ratspräsident António Costa. Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bekräftigte, man werde weiterhin für Partnerschaft, Offenheit und fairen Wettbewerb eintreten.

Doch der jüngste Auftritt von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) bei der Klimakonferenz in Brasilien – bei dem er sich über den Austragungsort Belém abfällig äußerte und betonte, er sei froh, bald wieder in Deutschland zu sein, „einem der schönsten Länder der Welt“ – verheißt nichts Gutes.