Kommentar

Donald Trump hat recht: Europa muss erwachsen werden

Der US-Präsident zwingt die Nato-Staaten, mehr Geld für Verteidigung auszugeben. Er handelt dabei nicht irrational. Ein Kommentar.

US-Präsident Donald Trump
US-Präsident Donald Trumpimago

Die Aufregung ist groß: Donald Trump stellt die Nato erneut rhetorisch infrage, indem er die Auslegung von Artikel 5 bewusst offenlässt („depends on your definition“) und verlangt von den Europäern, fünf Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben. Doch so unangenehm Trumps Forderungen erscheinen mögen, sind sie doch im Kern die logische Konsequenz europäischer sicherheitspolitischer Versäumnisse. Wer jahrzehntelang von US-amerikanischem Schutz profitierte, ohne die eigenen Verteidigungsbeiträge strukturell und nachhaltig an die geopolitische Lage anzupassen, sollte sich nicht wundern, wenn der Preis für Sicherheit zum wohl unangenehmsten der möglichen Zeitpunkte neu verhandelt wird. Doch in Wahrheit ist diese Entwicklung weder unerwartet noch unfair.

Trump bleibt auch in dieser Frage seinen exzentrischen Ansichten treu. Er macht aus Verteidigung eine ökonomische Gleichung. Er zwingt Europa, das eigene sicherheitspolitische Wohlstandsmodell auf den Prüfstand zu stellen – ein Modell, das sich nur allzu lange auf die Prämisse stützte, dass die USA im Ernstfall die Rechnung sowohl in Geld als auch im Blutzoll übernehmen würden.

Berliner Zeitung

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