Wenn persönliche Ahnungen und Prognose eintreten, wird man zuweilen doch noch von der Wirklichkeit überrascht. So wie ich Friedrich Merz kennengelernt hatte, war mir sehr schnell klar: Sein eigentliches, sein wirkliches Interesse gilt der Außenpolitik. Dass der neue deutsche Bundeskanzler jedoch als sein eigener Außenminister agiert und deutsche Innenpolitik anderen überlässt – damit hatte ich nicht gerechnet.
Der berühmte Soziologe Max Weber sprach von der „Leidenschaft“, die einen Politiker an seinen Beruf fesselt und sich dabei zumeist ein Gebiet besonders hervornimmt. Und der neue Kanzler bringt alle Voraussetzungen mit, seine Außenpolitik fast vollständig allein zu betreiben: Er spricht Englisch wie Deutsch, hat ein international „tadelloses Auftreten“ auf jedem Parkett, er kann charmant und humorvoll sein. Vor allen Dingen aber: Er hat seinen eigenen, soll ich sagen – sauerländischen – Macht- und Durchsetzungswillen. Voraussetzungen also, die ihn trotz vieler innenpolitischen Irrungen und Wirrungen dennoch an die lang ersehnte Spitze deutscher Politik trieben. Er weiß sogar, so gab er in internen Gesprächen zu, dass er als Hüne immer bei Fotos aufpassen muss, dass seine internationalen Kollegen neben ihm nicht zu klein aussehen.

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