Wer wenig Geld auf dem Konto hat, muss sich bei dieser Masche kaum Sorgen machen. Das klingt erst einmal ziemlich paradox. Doch zumindest bei vermeintlichen Anrufen durch Beamte der europäischen Polizeibehörde Europol ist es zumindest hilfreich, einen geringen Kontostand zu haben. Oder diesen einfach vorzugeben. Denn nur so verlieren die Betrüger am anderen Ende der Leitung schnell das Interesse, wie die Berliner Polizei auf Nachfrage der Berliner Zeitung erklärt.
Seit dem Frühjahr sorgen Anrufe von Personen, die angeblich für Europol arbeiten, bundesweit für Unruhe – und großen finanziellen Schaden. Die Bundesnetzagentur spricht von über 25.000 Beschwerden seit März, allein in Berlin sind bei der Polizei im selben Zeitraum 3500 Anzeigen eingegangen. Die Betrugsmasche ist dabei genauso simpel wie perfide. Eine deutsche Nummer ruft auf dem Handy an und erzählt den möglichen Opfern, deren persönliche Daten seien gestohlen worden. Um weitere Straftaten zu verhindern, müsse man nun Geld überweisen.
Betroffene aus Berlin sind so seit dem Frühjahr bereits um 320.000 Euro betrogen worden. Auf Nachfrage heißt es bei der Polizei Berlin, dass es sich bei den einzelnen Schadenssummen um Geldbeträge im „hohen dreistelligen bis zu einem mittleren fünfstelligen Bereich“ handelt. Pro Opfer. Solche Summen lassen sich nur ergaunern, wenn die Täter um den Kontostand der möglichen Opfer wissen. Stellt sich heraus, dass auf dem Konto weniger als 500 Euro liegen, werden die Telefonate laut Polizei schnell beendet. Eine vergleichsweise niedrige Schadenssumme von 100 Euro sei bisher nur einmal aufgetreten.
Berliner Polizei: Ein Drittel der Anzeigen bearbeitet
Weiter heißt es, dass gut ein Drittel der bisher gestellten Anzeigen in Berlin bereits von der Polizei bearbeitet worden sei. Die polizeilichen Ermittlungen bei 1200 Betrugsfällen sind also abgeschlossen, die Fälle liegen nun zur weiteren Bearbeitung bei der Staatsanwaltschaft. Hier werde nun über den weiteren Ablauf entschieden, bisher sei aber noch keiner der Fälle seitens der Staatsanwaltschaft erfasst oder weiter bearbeitet worden. Heißt aber auch: Noch ist keines der Verfahren wegen nicht ermittelbarer Täter eingestellt werden.
Dass es dazu kommt, gilt aber als sehr wahrscheinlich. Anrufe mit manipulierten Rufnummern, sogenanntes Call-ID-Spoofing, werden meist über verschiedene ausländische Netze ins deutsche geleitet. Eine Nachverfolgung der Spuren wird damit fast unmöglich, Täter bleiben unbekannt.
Erst am Montag äußerte sich ein Sprecher von Europol zu den Fake-Anrufen der Sicherheitsbehörde. Jan Op Gen Oorth sagte der Deutschen Presse-Agentur, dass die Polizeibehörde vermute, dass viele der Anrufe aus Südostasien kommen. Dabei verdeutlichte er noch einmal: „Europol ruft nie Bürgerinnen und Bürger an“. Viele der Geschichten der vermeintlichen Polizisten seien abstrus, die Betrüger spielen gleichzeitig mit der Angst der Angerufenen.


