Ingo Seifert, 52 Jahre alt und Bürgermeister in der kleinen Erzgebirgsstadt Schneeberg, schreibt nicht zum ersten Mal einen Brandbrief an die große Politik. Seifert hat sich schon mehrfach öffentlichkeitswirksam aufgelehnt. Im vergangenen Jahr etwa, als er dem sächsischen Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) gemeinsam mit anderen Bürgermeistern aus dem Erzgebirgskreis genauso offen schilderte, wie schlecht er Inzidenz basierte Corona-Lockdowns findet.
Diesmal ging sein Brief an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Seifert, Mitglied bei den Freien Wählern, bereits seit 2015 im Amt und gerade als Bürgermeister wiedergewählt worden, missfällt die Energiepolitik der Ampel. Es ist die beschlossene Gasumlage, die Seifert diesmal zum Schreiben drängte. Privatleute wie auch Unternehmerinnen und Unternehmer könnten die finanziellen Belastungen bald nicht mehr tragen, sagt er in seinem Schreiben. Seifert stellt die Sanktionen gegen Russland infrage. Er sieht den Mittelstand bedroht und soziale Unruhen aufziehen.
Zumindest mit den sozialen Sorgen steht Seifert nicht allein. Habeck besitzt bereits eine kleine Sammlung offener Briefe zu diesem Thema.
Seiferts Brief entwickelt jetzt allerdings eine Dynamik auf einem ganz anderen Feld. Unterzeichnet haben ihn nämlich auch die Schneeberger Fraktionen von CDU über Linke bis hin zur AfD. Und damit wird der Brief nun zum Bumerang – für Seifert wie auch für die mitunterzeichnenden Fraktionen der Linkspartei und der Union.
Bürgermeister Ingo Seifert war früher Hochseefischer
Auf Twitter ist jedenfalls ordentlich was los. Ob die Brandmauer gegen rechts nun endgültig gefallen sei, wollen viele wissen. Die Landesverbände versuchen, sich vom Handeln der Schneeberger zu distanzieren. Ein Problem ist das besonders für die Linken, die ohnehin in einer hitzigen Debatte über zu viel Nähe zu den Rechtsextremen stecken, spätestens seit der Ostbeauftragte der Linken-Bundestagsfraktion, Sören Pellmann, kürzlich zu Montagsdemonstrationen gegen die Gasumlage aufgerufen hat.

