Berlin

Antisemitismus bei Demo in Berlin – Polizei ermittelt wegen Verdachts der Volksverhetzung

Bei einer Palästinenser-Demo in Kreuzberg und Neukölln skandierten Hunderte „Tod Israel!“ und andere judenfeindliche Sprüche. Die Polizei geht mehreren Anzeigen nach.

Eine propalästinensische Demonstration im Mai 2021 in Berlin-Neukölln
Eine propalästinensische Demonstration im Mai 2021 in Berlin-Neuköllnwww.imago-images.de

Eine Palästinenser-Demonstration vom vergangenen Samstag in Kreuzberg und Neukölln sorgt weiterhin für Entrüstung. Wie der Verein Democ berichtete, hatten sich Hunderte Menschen an der Kundgebung beteiligt und antisemitische Parolen wie „Tod Israel!“ gerufen.

Die Polizei ermittelt nun in mehreren Fällen nach Strafanzeigen wegen des Verdachts der Volksverhetzung. Dazu werde Videomaterial ausgewertet, teilte eine Polizeisprecherin am Montag auf Anfrage mit.

Ihren Angaben zufolge hatten am Samstag in Berlin in den Stadtteilen Kreuzberg und Neukölln rund 500 Menschen in Solidarität mit den Palästinensern und gegen Israel demonstriert. Dabei seien 250 Polizeibeamte im Einsatz gewesen, darunter auch Dolmetscher.

„Wenn Gruppen auf deutschen Straßen ‚Tod den Juden‘ skandieren, dann besteht ein Anfangsverdacht auf Volksverhetzung nach § 130 Abs. 1 StGB“, schrieb Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) auf Twitter. Er gehe davon aus, dass die zuständigen Sicherheitsbehörden dementsprechend vorgehen. Auch der designierte Regierende Bürgermeister Kai Wegner zeigte sich alarmiert wegen der Vorkommnisse. „Die Bilder aus Neukölln sind erschütternd. Antisemitismus und Israelfeindlichkeit, egal aus welcher Richtung, dürfen in Berlin keinen Platz haben“, sagte der CDU-Politiker dem Tagesspiegel.

„Diese Schwachköpfe missbrauchen Deutschlands Freiheiten und rufen ohne Hemmung zur Vernichtung Israels und der Juden auf“, schrieb der israelische Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, auf Twitter. Sie missachteten die demokratischen Werte „und überschreiten nicht nur jede mögliche rote Linie, sondern ‚spucken auch in den Brunnen, aus dem sie trinken‘“.

Der stellvertretene Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Manuel Ostermann, forderte, dass Antisemitismus mit allen rechtsstaatlichen Mitteln bekämpft wird. „Die Demo in Berlin ist erneut ein Bild der Schande“, schrieb Ostermann auf Twitter. „Es muss Schluss sein mit rhetorischer Betroffenheit. Wir brauchen jetzt konsequentes Handeln.“ Der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG), Volker Beck, forderte eine Debatte über ein Verbot von Samidoun. Die Gruppe, die sich als Netzwerk für palästinensische Gefangene bezeichnet, hatte neben anderen zu der Demo aufgerufen. Israel hat Samidoun zu einer Terrororganisation erklärt.

Auch Politiker verschiedener Parteien äußerten sich entsetzt über die Vorkommnisse. „Das Recht zu demonstrieren und seine Positionen zu vertreten, hat auch Grenzen“, schrieb der CDU-Europaabgeordnete Dennis Radtke auf Twitter. „Warum deren Überschreitung hier geduldet wurde, muss aufgeklärt werden. Im ‚Nie wieder‘-Land kann man sich dafür nur schämen.“ Die Berliner Grünen-Abgeordnete Gollaleh Ahmadi schrieb: „Was bei heutiger Demonstration ausgerufen wurde, darf auf Berliner Straßen nie mehr geschehen, es muss mit allen rechtsstaatlichen Mitteln geahndet werden.“

Vor einer knappen Woche war bekannt geworden, dass eine israelfeindliche Demonstration zum sogenannten Al-Quds-Tag in Berlin abgesagt wurde. Die Anmeldung für den 15. April sei von den Veranstaltern zurückgezogen worden, bestätigte ein Polizeisprecher.