Deutsch-sowjetische Geschichte

Ja, Befreiung! Dankbarkeit gegenüber der Roten Armee stand nie zur Disposition

Wie erklärt sich die ostdeutsche Empörung über den Rückfall bundesdeutscher Politik in Russophobie und Völkerhass? Egon Krenz gibt historisch begründete Antworten. Ein Gastbeitrag.

Sowjetisches Ehrenmal auf den Seelower Höhen. Die Schlacht um die Seelower Höhen eröffnete im April 1945 die Schlacht der Roten Armee um Berlin am Ende des Zweiten Weltkrieges. Der auch als Schlacht an der Oder bezeichnete Großkampf bedeutete das Ende der deutschen Ostfront.
Sowjetisches Ehrenmal auf den Seelower Höhen. Die Schlacht um die Seelower Höhen eröffnete im April 1945 die Schlacht der Roten Armee um Berlin am Ende des Zweiten Weltkrieges. Der auch als Schlacht an der Oder bezeichnete Großkampf bedeutete das Ende der deutschen Ostfront.Eberhard Thonfeld/Imago

Ich war acht Jahre alt, als Sowjetsoldaten am 30. April 1945 die Siegesfahne auf dem Berliner Reichstag hissten. Zu jung, um die Tragweite dieser Zeitenwende zu begreifen. Alt genug, um zu verstehen, dass der Krieg, der meinen Klassenkameraden und mir den Vater genommen hatte, vorbei war. Am 18. März, einen Tag vor meinem achten Geburtstag, wurde Kolberg (heute Kolobrzeg) von den Nazis befreit. Meine Mutter hatte mit mir meine Geburtsstadt zuvor verlassen.

Noch zogen Brandwolken über das Land, und Nazilügen hatten zu viele Hirne vergiftet. Trauer und Angst grassierten. Der Ruf „Die Russen kommen!“ barg irrsinnige Furcht vor Rache. Auch wenn wir das damals noch nicht wussten: 27 Millionen Sowjetbürger hatte Hitlers Raubkrieg das Leben gekostet. 1710 Städte und Dörfer waren in der UdSSR dem Erdboden gleichgemacht worden. Kein Land der Welt hatte mehr Opfer zu beklagen als die Sowjetunion.

Berliner Zeitung

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