Kommentar

Gespielte Empörung: Grüne und Linke wollen Wegner schaden, aber stärken nur die AfD

Die AfD behauptet, den Regierenden Bürgermeister gewählt zu haben. Niemand weiß, ob das stimmt, doch die Aufregung nützt den Extremisten. Ein Kommentar.

Die AfD-Fraktion um Kristin Brinker (M.) bei der Wahl des Regierenden Bürgermeisters von Berlin.
Die AfD-Fraktion um Kristin Brinker (M.) bei der Wahl des Regierenden Bürgermeisters von Berlin.Bernd Elmenthaler/Imago

Die Abstimmung im Abgeordnetenhaus von Berlin am Donnerstag ist für eine Partei richtig gut gelaufen. Für die AfD. Eine Pressemitteilung der Partei reichte, um bundesweit groß im Gespräch zu sein, und noch am nächsten Tag die politische Diskussion zu bestimmen. Dafür reichte die Behauptung der AfD-Fraktion in einer Pressemitteilung, sie habe Kai Wegner mit zum Regierenden Bürgermeister von Berlin gewählt.

Niemand kann sagen, ob das stimmt, aber das ist für die AfD auch vollkommen egal, solange alle darüber reden und sich erregen.

Die Erregung klingt bei allen, die mitmachen, ähnlich. SPD und CDU seien in einen dritten Wahlgang gegangen, nachdem Kai Wegner in zwei Runden keine eigene Mehrheit hatte, und hätten der AfD damit überhaupt erst die Chance geboten, sich am Ende zu Wegner-Wählern zu erklären. Das kann man so sehen, das kann man kritisieren.

Aber je größer man dabei auftrumpft, je lauter man sich aufregt, umso schöner wird es für die AfD. Ihre Pressemitteilung hat ein Spiel angestoßen, das die demokratischen Parteien gemeinsam ausbremsen könnten. Ordentlich mitspielen macht aber offenbar viel mehr Spaß. Vor allem, wenn man gleichzeitig versichert, auf keinen Fall mitzuspielen.

Wer bietet mehr, wer kann das noch toppen?

Es ist alles so vorhersehbar und ermüdend. Ricarda Lang, Parteichefin der Grünen, findet auf Twitter, dass nicht etwa die AfD, sondern SPD und CDU in Berlin „der Stadt, der Demokratie und der politischen Kultur“, darunter geht es offenbar nicht, „großen Schaden“ zugefügt haben. Lang twittert auch, dass die AfD immer wieder lügt und man ihr nicht glauben sollte. Darauf könnte man sich glatt mit ihr einigen. Es würde als Kommentar zur Erklärung des Vorgehens der AfD auch vollkommen ausreichen.

Für die Berliner Linkspartei, die in der Stadt nicht mehr mitregiert und darüber verständlicherweise verärgert ist, war der Wahltag im Abgeordnetenhaus  ein „Tag der Schande“. Sawsan Chebli, obwohl selbst in der SPD, hält die Umstände von Wegners Wahl auf Twitter für „eine Katastrophe, die irreparabel ist“. Wer bietet mehr, wer kann das noch toppen? Und wie repariert man eigentlich Katastrophen?

Die Berliner Jusos sind da schon fast zurückhaltend, sie sprechen von einem „Elend“, über das sie auch nach einer Nacht Schlaf nicht hinwegkommen, und sehen ganz Berlin „beschädigt“. Sie behaupten gleichzeitig in Richtung der AfD: „Wir weigern uns, über ihr Stöckchen zu springen.“ Das ist natürlich genau der Satz, den man nachschicken sollte, wenn man gerade gesprungen ist.