Berlin-Unmittelbar vor dem Bund-Länder-Treffen im Kanzleramt zur Flüchtlingspolitik am Mittwoch pocht Berlin auf eine neue Lastenverteilung und mehr finanzielle Unterstützung vom Bund bei der Versorgung von Flüchtlingen. Die Problemlage habe sich verschärft, sagte Finanzsenator Stefan Evers (CDU) am Dienstag nach der Sitzung des Senats, bei der über das Thema beraten wurde.
Aus Berliner Sicht gebe es bei der Verteilung von Lasten und Kosten ein grundsätzliches Missverhältnis, das so nicht mehr zu akzeptieren sei. Demnach gibt es zwei Probleme. „Das eine ist, dass wir es seit dem russischen Angriff auf die Ukraine mit einer hohen Zahl an Flüchtlingen zu tun haben auch in Berlin, die sofort einen Anspruch auf Unterbringung erwerben“, sagte Evers. Der Bund trage in dem Fall einen Anteil der Kosten von 62,8 Prozent. „Was Berlin komplett zu gewährleisten hat, ist alles an begleitender sozialer Infrastruktur“, so der CDU-Politiker. Das betreffe zum Beispiel Integrationsmaßnahmen und Schulplätze.
Das zweite, sich verschärfende Problem sei die Versorgung von Menschen, die aus andern Ländern als der Ukraine nach Deutschland und auch nach Berlin kommen. „Deren Zahl ist zuletzt ganz massiv gestiegen“, sagte Evers. In den ersten vier Monaten dieses Jahres seien knapp 102.000 Menschen nach Deutschland gekommen, die einen Asylantrag gestellt haben. „Das sind fast so viele wie 2020 im gesamten Jahr.“
2021 hat der Bund für diesen Bereich 3,5 Milliarden Euro beigetragen. Für dieses Jahr seien nur 1,25 Milliarden in Aussicht gestellt. „Das wäre schon bei gleichbleibenden Zahlen viel zu wenig“, so der CDU-Politiker. Angesichts der stabilen Zahl von Flüchtlingen aus der Ukraine und der drastisch gestiegenen Zahl an Asylbewerbern drücke dieser Schuh „ganz gewaltig“.
Ähnlich rechnet Evers das für Berlin vor: Das Land hat nach seinen Angaben 2021 740 Millionen Euro für die Aufnahme von Geflüchteten ausgegeben. Davon habe der Bund 250 Millionen Euro getragen. Für dieses Jahr seien dagegen nur 150 Millionen Euro vom Bund zu erwarten, obwohl insbesondere die Zahl der Asylbewerber deutlich gestiegen sei. Evers Fazit: „Das wird vorne und hinten nicht reichen.“
Der Bund ziehe sich zu Unrecht immer stärker auf die Haltung zurück, dass die Unterbringung von Geflüchteten Sache der Kommunen, beziehungsweise der Länder sei, kritisierte der Finanzsenator. „In meinen Augen macht er sich damit einen allzu schlanken Fuß.“
Das Prinzip der Lastenverteilung im Zusammenhang mit der Unterbringung von Flüchtlingen basiere auf Regeln aus dem Jahr 1969. „Das war eine Zeit, in der in 20 Jahren insgesamt rund 70.000 Menschen Asyl gesucht haben“, sagte Evers - in ganz Deutschland.
Das könne nicht mehr zur Situation heute passen. Notwendig sei stattdessen, die Finanzierung der Kosten neu zu organisieren, die sich ausrichten müsse an den tatsächlichen Zahlen geflüchteter Menschen, die in Deutschland und in Berlin ankommen, sagte Evers. „Gewissermaßen eine atmende Regel, die auch dynamisierende Elemente beinhaltet.“
