Nach einigen Wochen der Entspannung rückt Corona erneut in den Fokus. Nun will der Berliner Senat mit einer Mischung aus Maskenpflicht, neuer Teststrategie und verstärkter Impfkampagne der befürchteten verschärften Infektionslage nach Ende der Sommerferien Mitte August entgegentreten. Dazu soll auch gehören, dass bei Bedarf wieder Maskenpflicht in Innenräumen eingeführt wird. Das bedeutet: auch in Läden und Geschäften.
Franziska Giffeys Hoffnungszahl in diesem Zusammenhang lautet jedenfalls 7. Nach Auskunft der Landesregierung sind nur noch sieben Prozent aller erwachsenen Berlinerinnen und Berliner nicht immunisiert gegen das Virus. Das bedeutet, dass 93 Prozent entweder geimpft oder genesen sind. „Das ist doch eine gute Zahl“, sagte die Regierende Bürgermeisterin am Dienstag im Anschluss an die Senatssitzung. „Dies lässt ein bisschen hoffen.“ Hoffen darauf, dass trotz weiter ansteigender Zahlen das Virus nicht allzu großen Schaden mehr anrichten wird.
Doch Hoffnung allein wird auch im Spätsommer und Herbst 2022 nicht ausreichen. Deshalb stellte Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) bei der Gelegenheit allerlei Maßnahmen vor, deklariert als „Instrumentenkasten“. Hintergrund ist, dass die Schutzmaßnahmen des Bundes zum 23. September auslaufen. Bisher gibt es auf Bundesebene keine Verständigung auf neue Regeln.
Damit Berlin zu diesem Zeitpunkt trotzdem handlungsfähig bleibt, schlägt Senatorin Gote ein ganzes Paket vor, schließlich seien „neue und gefährliche Virusvarianten nicht auszuschließen“. Hinzu kommen neue Bedingungen wie das von der Bundesregierung beschlossene Ende der kostenlosen Schnelltests zum 30. Juni. Künftig soll es einen Eigenanteil von drei Euro pro Test geben, wenn man sich etwa vor Großveranstaltungen oder einem privaten Besuch zur Sicherheit testen lassen wolle.
Bundesländer wollen die Abschaffung der kostenlosen Schnelltests noch verhindern
Dabei sei das letzte Wort aber noch nicht gesprochen, sagte Gote am Dienstag. Alle Senatsmitglieder sähen diesen Schritt sehr kritisch, so Gote. Das könne bedeuten, dass Menschen etwa auf Verwandtenbesuche verzichteten, und das könne zu Vereinsamung führen. Ähnliche Töne höre sie von ihren Ressortkollegen aus den anderen Bundesländern, so Gote. „Deshalb wollen wir als Länder versuchen, durchzusetzen, dass der Eigenanteil doch noch wegfällt“, sagte sie.
Dennoch solle es in Zukunft prinzipiell vor allem darum gehen, „statt anlassloser Massentests“ gezielt den Schutz symptomatischer oder besonders verletzlicher Menschen in den Blick zu nehmen.
Eine Regel solle jedoch unbedingt bestehen bleiben: „Auch in Zukunft wird eine Infektion per PCR-Test festgestellt“, so die Gesundheitssenatorin. Im Zweifel müsste dieser Test von einem niedergelassenen Arzt vorgenommen werden. „Es bleibt dabei: Bei Symptomen, und sei es ein Schnupfen, sollte man zum Arzt gehen.“
Ebenfalls im Berliner Instrumentenkasten soll sich eine neue Impfkampagne befinden. Insgesamt 4,5 Millionen Euro seien dafür vorgesehen. Einen neuen, auf die Omikron-Variante abgestimmten Impfstoff stellte Gote für die zweite Septemberwoche in Aussicht. Zur Impfstrategie gehöre es auch, dass es bei dem letzten verbliebenen öffentlichen Impfzentrum – im Ringcenter in Lichtenberg – bleiben solle. „Wir gehen nicht davon aus, dass wir noch einmal große Einrichtungen wie das ICC brauchen werden“, sagte Gote. Den restlichen Bedarf sollen Impfteams in den Bezirken beziehungsweise die niedergelassenen Ärzte übernehmen.
Essenziell sollte nach Darstellung der Gesundheitssenatorin ohnehin das Maskentragen werden. Die Pflicht in Bussen und Bahnen solle bestehen bleiben. Denkbar sei es, sie bei Bedarf generell auf den Aufenthalt in geschlossenen Räumen auszudehnen. Dazu könnten dann auch Geschäfte gehören, so die Grünen-Politikerin.
Berliner Einzelhandel hält Maskenpflicht für ein geringeres Übel – ein Lockdown wäre schlimmer
Doch was hält der Handel von einer möglichen Wiedereinführung der Maskenpflicht? Nils Busch-Petersen hat darauf eine dreiteilige Antwort parat. „Erstens: Wir begrüßen, dass der Senat auf unsere Forderung reagiert hat und jetzt frühzeitig handelt. Zweitens: Wir hätten es auch begrüßt, wenn man vorher mit der Wirtschaft gesprochen hätte. Drittens: Der Handel ist prinzipiell kein Masken-Fan. Insbesondere im Textilhandel wird es Einbußen geben“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Einzelhandelsverbandes Berlin-Brandenburg.
Eines will der Handelsvertreter jedenfalls definitiv nicht: eine Unterteilung in Getestete, Genesene und Geimpfte, die dann unterschiedliche Rechte hätten. „2G oder auch 3G haben sich nicht bewährt“, sagt Busch-Petersen, „und für den Handel sind sie toxisch.“ Schlimmer wäre nach seinen Worten nur noch ein Lockdown.




