Tunis - Nach dem Terroranschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt haben tunesische Sicherheitskräfte drei Männer festgenommen, die mit dem mutmaßlichen Attentäter in Verbindung stehen sollen. Einer der Verdächtigen sei der Neffe von Anis Amri, teilte das Innenministerium in Tunis am Samstag mit. Die Festgenommenen seien zwischen 18 und 27 Jahre alt. Nach dem Tod Amris konzentrieren sich die Ermittlungen auf mögliche Helfer. Es soll festgestellt werden, ob der 24-Jährige Unterstützer hatte.
Der Tatverdächtige war in der Nacht zu Freitag in Sesto San Giovanni bei Mailand nach einem Schusswechsel mit der Polizei getötet worden. Weil er als abgelehnter Asylbewerber und „Gefährder“ aus dem Visier der deutschen Behörden verschwunden war, kommen aus der Politik Rufe nach schärferen Gesetzen. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) bestritt ein allgemeines Versagen der Sicherheitsbehörden. „Es gibt bisher juristisch keine ausreichende Möglichkeit, jeden dieser Gefährder rund um die Uhr überwachen zu lassen“, sagte er der „Bild am Sonntag“.
IS die Treue geschworen
Der 2015 nach Deutschland gekommene Tunesier Anis Amri war nach Überzeugung der Ermittler der Mann, der am Montagabend in mit einem gestohlenen Sattelzug in den Weihnachtsmarkt gerast war. Dabei starben 12 Menschen, 53 wurden teils lebensgefährlich verletzt.
Der Neffe Amris soll nach Angaben tunesischer Sicherheitskräfte gestanden haben, dass er mit dem mutmaßlichen Attentäter auf einem verschlüsselten Weg über eine Nachrichtenapp in Kontakt gestanden habe. Sein Onkel habe gewollt, dass er der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) die Treue schwöre.
Geld für Deutschland-Reise geschickt
Der Neffe sagte dem Innenministerium zufolge ferner, dass Amri ihm Geld geschickt hatte, damit er nach Deutschland kommen könnte, um sich dort einer Gruppe anzuschließen, die Abu Al-Walaa Battalion heißt. Amri erzählte demnach seinem Neffen, dass er ein Anführer dieser Gruppe sei. Der im November festgenommene Abu Walaa gilt als salafistischer Chefideologe und mutmaßlicher Unterstützer der Terrormiliz IS.
Das Ministerium in Tunis bezeichnete die drei Männer als eine Terrorzelle, die Sicherheitskräfte bereits am Freitag nahe der Stadt Kairouan ausgehoben hätten. In dieser Region lebt auch die Familie von Amri. Kairouan gilt als Salafisten-Hochburg.
Alle Opfer identifiziert
Die Opfer des Anschlags sind inzwischen identifiziert. Unter den Toten sind laut Bundeskriminalamt sieben Deutsche sowie Menschen mit tschechischer, ukrainischer, italienischer, israelischer sowie polnischer Staatsangehörigkeit. Der beim Schusswechsel bei Mailand verletzte italienische Polizist konnte das Krankenhaus verlassen.
In den Ermittlungen soll jetzt unter anderem untersucht werden, ob die Waffe, die Amri bei seinem Tod bei sich trug und aus der er Schüsse auf zwei italienische Polizisten abfeuerte, dieselbe ist, mit der in Berlin der Fahrer des gestohlenen Lastwagens erschossen wurde. Außerdem soll geklärt werden, ob der 24-Jährige ein Unterstützernetzwerk, Mitwisser oder Gehilfen hatte.
Forderung nach schnellerer Abschiebung
De Maizière (CDU) forderte eine schnellere Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern nach Tunesien und in andere nordafrikanische Staaten. „Wären die Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsländer eingestuft, würden Asylverfahren auch bei Tunesiern schneller und einfacher verlaufen als bisher“, sagte er. Der Minister forderte die Grünen auf, die Einstufung im Bundesrat nicht weiter zu blockieren.