Der Bergnotar

Eberhard Jurgalski – der Mann, der Reinhold Messner den Rekord raubte

Der Bergsteiger Reinhold Messner hat seinen Rekord als erster Mensch, der alle Achttausender bestieg, verloren. Schuld daran ist ein Bergchronist aus Lörrach.

Der Bergchronist Eberhard Jurgalski 
Der Bergchronist Eberhard Jurgalski Philipp von Ditfurth/dpa

Reinhold Messner ist sauer. Obwohl er es zu überspielen versucht. „Nicht der Gipfel, sondern der Weg ist das Ziel, mein Alpinismus kennt keine Rekorde“, schreibt der Bergsteiger. Davor aber hatte er noch geäußert, es sei „schon komisch, dass immer wieder Leute meine Person, meinen Namen benutzen, um sich wichtigzumachen“. Gemeint ist in diesem Fall Eberhard Jurgalski, ein 70-jähriger Mann aus dem badischen Lörrach.

Jurgalski ist dafür verantwortlich, dass Reinhold Messner nicht mehr der erste Mensch ist, der alle Achttausender bestiegen hat. Den Rekord hielt er seit 1986. Doch nun teilt das Guinnessbuch der Rekorde mit, dass in der bisherigen Gipfelstürmerliste mindestens drei der 14 Gipfel „nicht korrekt identifiziert wurden“ und deren Besteiger gar nicht ganz oben waren. 

Messner zum Beispiel habe den Gipfel des 8091 Meter hohen Annapurna um fünf Meter verfehlt. Er sei 65 Meter vorher umgekehrt. Betroffen von den Korrekturen sind auch die Bergsteiger Hans Kammerlander und Gerlinde Kaltenbrunner.

Viele Fehler zu Bergthemen sind bis heute nicht korrigiert worden

Grundlage für dieser Bewertung ist eine 2022 veröffentlichte Liste Eberhard Jurgalskis. Der am 8. November 1952 in Salzgitter geborene Bergchronist führt die umfassendste und genaueste Datenbank über die Gipfel der Welt, veröffentlicht auf seiner Internetseite 8000ers.com. Sein Großvater habe ihm einst „ein kleines Buch über die Erstbegehungen rund um die Welt“ geschenkt, erzählte er. Er sei fasziniert gewesen, habe jedoch bald gemerkt, dass die Messungen der Gipfel nicht sehr genau waren. „Selbst in Schulatlanten gab es Fehler, die bis heute nicht korrigiert wurden.“ Auch Wikipedia sei voller Fehler zu Bergthemen.

1981 begann Jurgalski mit intensiven Forschungen, arbeitete bald mit dem Schweden Anders Bolinder zusammen, dem wichtigsten Chronisten des Himalaya-Bergsteigens. „Ich sammle Informationen über Gipfel, Besteigungen, neue Routen“, erzählt er.

„Wenn einer nicht auf dem Gipfel war, dann war er eben nicht ganz oben“

Seine Listen und statistischen Tabellen gleiche er mit den Informationen von Bergsteigern, Expeditionsleitern und anderen Chronisten ab. Um zu überprüfen, ob jemand einen Gipfel wirklich erreicht hat, wertet er digitale Geodaten und eindeutige Gipfelfotos aus, „die eine zweifelsfreie Identifizierung des Ortes ermöglichen“, etwa durch andere Gipfel im Hintergrund.

Manche sehen ihn als Pedanten, der anderen den Erfolg nicht gönnt. Dabei schätzt er die Leistungen der Bergsteiger sehr. Manchmal schmerzt es ihn, wenn er feststellt, dass jemand nicht den Gipfel erreicht hat, weil dieser zum Beispiel nicht eindeutig als höchster Punkt erkennbar war. Aber es gelte nun mal: „Wenn einer nicht auf dem Gipfel war, dann war er eben nicht ganz oben.“ Viele Bergsteiger seien seine Freunde, sagt er. Reinhold Messner gehört nicht dazu. Der sagt über Jurgalski: „Der hat keine Ahnung. Der ist kein Experte.“

Wie der SWR berichtet, beklagt der Bergchronist einen wahren Shitstorm gegen ihn und wolle Messner anzeigen. „Die wollen mich kaputtmachen!“, sagte er der österreichischen Kronen-Zeitung. „Ich habe im gesamten deutschsprachigen Raum keine Freunde mehr, weil ich scheinbar Gotteslästerung gemacht habe“, so Jurgalski. Und das ist natürlich der Gipfel.