Tulpen und Tomaten

Hobbygärtner aufgepasst: Hier kommt ein Rezept für die Aussaaterde

Wer zu Hause Gemüse ernten will, sollte auf eine gute Aussaaterde achten. Unsere Kolumnistin verrät Ihnen ihr Rezept.

Mischkultur im Gemüsebeet: Kennzeichnung der verschiedenen Gemüsesorten mit Schildern
Mischkultur im Gemüsebeet: Kennzeichnung der verschiedenen Gemüsesorten mit SchildernRedeleit/imago

„Ein heiterer März erfreut des Gärtners Herz“, hab’ ich neulich irgendwo gelesen. Das mag stimmen, könnte andererseits aber auch gut als Erklärung dafür herhalten, dass ich in den vergangenen Wochen so schlechte Laune hatte. So wahnsinnig heiter nämlich kam mir der März nicht vor. Gestern lag noch Schnee auf meinem Rasen. Schnee!

Jaaa, ab und an gab’s warme Momente, alles in allem aber war dieser Monat doch eine echt trübe Tasse, denken Sie nicht? Mein Garten findet die Kälte natürlich genauso doof wie ich. Die Hyazinthen sehen aus, als würden sie am liebsten wieder in der Erde verschwinden, von den Narzissen im Vorgarten blühen erst fünf, und die Vinca, normalerweise um diese Jahreszeit ein blauer Ozean, sieht aus wie ein löchriger Teppich.

„Tschuchuleroma“, „Mickey Mouse Red“ und „Babuscka“

Ungeachtet der Temperaturen haben wir Gartenmenschen um diese Jahreszeit natürlich allerhand zu tun: Die Forsythien blühen, also werden die Rosen geschnitten, die Stauden teilen wir, der Lavendel freut sich über eine neue Frisur (Achtung: Bitte nicht bis ins alte Holz schneiden!), der Kompost wird gesiebt, und den Ziergräsern rasieren wir die alten Wedel ab. Ich könnte diese Liste unendlich fortführen; aber Sie, liebe Leserinnen und Leser, wissen ohnehin am besten, was in Ihrer grünen Scholle jetzt erledigt werden muss.

Für mich persönlich steht die Aussaat an erster Stelle, im Wintergarten stapeln sich darum dieser Tage diverse Anzucht-Devotionalien: drei Mini-Gewächshäuser, fünf Plastikschalen, eine Ballbrause, Textmarker, Beschriftungsschilder, Saattütchen und ein Sack Vermiculit. Von der Tomatenaussaat habe ich an dieser Stelle bereits berichtet, allerdings musste ich, nachdem ich letzte Woche auf eine Dienstreise fuhr, noch mal von vorne anfangen. Meine Familie hatte nämlich „vergessen“, sich zu kümmern. Als ich nach drei Tagen nach Hause kam und auf meine Tomatensprösslinge blickte, waren sie im Eimer. Ebenso der Familienfrieden. Ich begann von vorn und entschied mich für folgende Sorten: „Tschuchuleroma“, „Mickey Mouse Red“ und „Babuscka“.

Im zweiten Anzuchthaus überlegen Kohlrabi und Brokkoli noch, ob sie sich nach draußen wagen, und in Häuschen Nummer drei lasse ich Mohn und Rote Bete vorkeimen. Jeden Morgen nun eile ich nach unten und schaue, ob schon was kommt. Bislang noch nüscht, aber das wird schon. Wir Gartenmenschen sind schließlich Optimisten. Außerdem ist Gärtnern, ich sag es immer wieder, ein Zustand permanenter Vorfreude. Genau das macht unser geliebtes Hobby ja so einzigartig!

Übrigens – die Aussaaterde habe ich zum ersten Mal selbst angemischt. Gerne verrate ich an dieser Stelle – aber ohne Garantie – das Rezept: Ein Drittel Gartenerde, ein Drittel Kompost und ein Drittel Sand werden miteinander vermengt, leicht angefeuchtet und anschließend für eine halbe Stunde im Backofen erhitzt. Während dieses Vorgangs stinkt’s in der Küche; dafür aber können Sie sicher sein, dass Ihre Keimlinge später nicht von Trauermücken, Pilzen oder sonstigem Ungeziefer plattgemacht werden. Irgendwo habe ich gelesen, man könne die Erde, um die Geruchsbelastung zu minimieren, auch in einen Bratschlauch stopfen, aber das ist mir zu kompliziert. Wer, bitteschön, hat denn einen Bratschlauch?

Gartentagebuch für Gartenmenschen

Nicht nur im Wintergarten geht es rund, im Gemüsebeet hinterm Haus bin ich selbstverständlich auch schon schwer beschäftigt. Unter einem Vlies warten Spinat, Radieschen und Dicke Bohnen auf wärmere Tage, und ein paar Eichblattsalate aus dem Gartencenter habe ich ebenfalls gepflanzt. Achtung: den Salat nicht zu tief setzen, der muss – wie heißt es immer so schön? – „im Wind wehen“.

Meine oben erwähnte Dienstreise übrigens war für das korrekte Anpflanzen des Gemüses erfreulich hilfreich, es ging nämlich um das Thema „Fruchtfolge“. Hanne Elbers, eine junge Gemüsegärtnerin, die ich auf ihrem Demeter-Hof in der Nähe von Uelzen besuchte, fasste diese sehr komplexe Angelegenheit folgendermaßen zusammen: „Du teilst deinen Gemüsegarten in vier Teile. In den ersten setzt du ausschließlich Fuchsschwanzgewächse, also Spinat, Mangold, Amaranth und Rote Bete.“ „Aha“, nickte ich beflissen und schielte zum Kameramann, um sicherzustellen, dass der auch auf „record“ gedrückt hatte.

Gemüsehochbeet im Garten
Gemüsehochbeet im GartenDöhrn/imago

„Ins zweite Beet kommen die Kohlgewächse, also Blumenkohl, Kohlrabi und so weiter. Ins dritte setzt du Erdbeeren und ins vierte die Kartoffeln.“ Vor meinem inneren Auge sah ich meine vier Gemüsebeete und versuchte mich zu erinnern, was ich wo im vergangenen Jahr gepflanzt hatte. (Nicht ohne Grund wird ja uns Gartenmenschen immer wieder empfohlen, ein Gartentagebuch zu führen.) „Im nächsten Jahr dann,“ sprach die junge Gärtnerin und gestikulierte ausladend, „rotieren alle Pflanzen eine Station weiter, im Uhrzeigersinn! Dann bist du jedes vierte Jahr wieder da, wo du angefangen hast.“

Nun klingt das einigermaßen simpel, ist es aber leider nicht. Denn was zum Beispiel mache ich mit den Tomaten? „Tomaten sind eine Hauptkultur,“ erklärte Hanne, „die kommen Mitte Mai raus und stehen dann sehr lange. Darum kannst du sie gut an die Stelle setzen, an der vorher Spinat, Radieschen oder Kohlrabi gestanden hatten.“ Die Tomaten lösen also die frühe Kultur ab. Gecheckt! „Und wohin mit den Zwiebeln?“ fragte ich weiter. „Hmmm“, sagte die Gärtnerin, „Zwiebelgewächse im Privatgarten sind nicht ganz einfach. Wir jedenfalls geben unserem Boden nach den Zwiebeln eine sieben Jahre lange Pause.“ Sieben Jahre? Auweia. Zwiebeln also eher nicht, notierte ich in meinem Hinterkopf. Nach den Gurken traute ich mich nicht zu fragen, die Sache schien mir kompliziert genug.

Die Geschichte von Elbers’ Hof lässt sich bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgen, und so betreiben Hanne und ihre Familie bereits in der 13. Generation Landwirtschaft. Das Wissen um Gemüseanbau, Fruchtfolge und guten Boden ist der jungen Gärtnerin also in gewisser Weise genetisch eingepflanzt. Was ich mir mühsam merken muss, schüttelt sie locker aus dem Hirn. Seit 1990 ist der Hof ein Biobetrieb, und die Anzucht der mehr als 100 verschiedenen Gemüsesorten unterliegt strengen ökologischen Richtlinien.

Das Essen schmeckte himmlisch!

Mich beeindruckt immer wieder, wie viele unglaublich kompetente junge Menschen es in der deutschen Landwirtschaft gibt. Die machen nicht groß auf sich aufmerksam, nein. Die machen einfach einen guten Job. Wir spazierten durch das Foliengewächshaus und über ein riesiges Knoblauchfeld, auf dem alle 30 Zentimeter das frische Grün aus der Erde ragte. „Knoblauch verträgt sich super mit Karotten“, erklärte Hanne und hielt mir eine intensiv duftende Knolle unter die Nase. „Die halten sich gegenseitig die Hauptschädlinge fern. Also die Möhrenfliege und die Zwiebelfliege.“ Okay, dachte ich, vielleicht doch Zwiebelgewächse?

Wir filmten bis zum späten Nachmittag, bepflanzten vor laufender Kamera einen Küchengarten, und zum Abschluss durften mein Team und ich mit der gesamten Belegschaft in der großen Gesindeküche zu Abend essen. Ausschließlich das, was der Demeter-Betrieb hergibt, kommt bei den Elbers auf den Tisch. An dem Tag waren es: ein Salat aus Gelber und Roter Bete, dazu Kartoffeln, Entenbrust und im Herbst eingelagertes Rotkraut. Das Essen schmeckte himmlisch!

Rotkraut
Rotkrautimagebroker/imago

Am nächsten Morgen fuhr ich beseelt nach Hause, und erst als ich auf meine verkümmerten Tomatenbabys blickte, war ich wieder im Hier und Jetzt. Und tat das, was alle Gartenmenschen tun, wenn das Wetter mies und die Aussaat platt ist – ich packte den Neuanfang bei den Hörnern. Ich druckte mir eine Fruchtfolgetabelle aus, besorgte ein Gartentagebuch und entschied, in den nächsten Wochen keine Reisen mehr zu unternehmen.

Einzig, was jetzt noch besser werden muss, ist das Wetter. Aber das wird schon, wir Gartenmenschen sind schließlich Optimisten. Und außerdem habe ich neulich irgendwo gelesen: „Ein nasser April verspricht der Früchte viel.“ Na denn.


Sabine Platz arbeitet seit mehr als 20 Jahren als Fernsehjournalistin beim ZDF. Dort produziert sie unter anderem für die Rubrik „Platz im Garten“ im „Morgenmagazin“ regelmäßig Berichte rund um das Thema Natur, Garten, Ökologie und Nachhaltigkeit. Im Oktober 2021 erschien ihr Buch „Im Garten: Zwischen Knolle und Kompost liegt das ganze Leben“.