Freier sind garstig, aber man darf sie keinesfalls maßregeln, sonst werden sie noch viel garstiger. Das Appeasement gegenüber Freiern scheint in Deutschland keine Grenzen zu kennen. Putin könnte von unseren Freiern noch was lernen.
Freier werden im Bordell gewalttätig? Dann schreiben wir Notfallknöpfe ins Gesetz. Freier werden in Verrichtungsboxen gewalttätig? Dann sollte man Notausgänge einbauen. Freier werden wegen einer neuen Sperrbezirksregelung sonst wo gewalttätig? Dann sollte man die Sperrbezirksregelung rückgängig machen.
Aber die Absurdität geht weiter. Freier gönnen sich dank hohem Konkurrenzdruck ständig „AO“, also alles ohne Kondom? Dann führen wir eine Kondompflicht ein, Vollzugsdefizit programmiert. Für Freier wird permanent „Frischfleisch“ beschafft? Dann greifen wir härter gegen die Beschaffer durch, jetzt aber wirklich. Freier können nicht erkennen, ob jemand zur Prostitution gezwungen wird? Dann betrachten wir die Vergewaltigung der Gezwungenen durch Freier als Kollateralschaden im Kampf um Freierrechte.
„Sex gegen Geld“ ist nicht frauenfreundlich
Staunen über Staunen, dass gegen das Gewaltregime der Freier praktisch nicht aufgemuckt wird. Nicht sie selbst, aber alles rund um die wilden Kerle herum soll sich ändern, damit sie legitim ausleben können, was sonst vornehmlich Progressive streng verurteilen: Sexismus, Rassismus, Lookismus, Klassismus, die ganze Klaviatur der Widerwärtigkeit.

Doch der größte gemeinsame Nenner ist selbstverständlich Frauenfeindlichkeit, die bei industriellem Sex kein Bug ist, sondern Feature.
Wer glaubt, das Konstrukt „Sex gegen Geld“ ließe sich als kuscheliger Nischenmarkt frauenfreundlich – also ohne Macht- und Lustgefälle – gestalten, ist schief gewickelt.
Wo die Massenindividualisierung von Sexualität hinführt, erfährt man etwa in der Reportage „7 Tage im Bordell“. Darin wird die Prostituierte „Ella“ bezüglich des Schaulaufens für „Kunden“ gefragt, ob man da hoffe, ausgewählt zu werden. Sie sagt: „Manchmal ja. Aber manchmal denkt man sich auch: Bitte nicht, bitte nicht.“
Diplomatische Immunität für Freier
Nun hat sich, seit Männer in grauer Vorzeit das Freiertum erfunden haben, der gesellschaftliche Wind gedreht. Wenn Männer heute mit Frauen schlafen, die „bitte nicht“ denken, ist das Missbrauch.
Bloß Freier, diese Wunderwuzzis, genießen aus nicht nachvollziehbaren Gründen diplomatische Immunität, bei ihnen passiert etwas Geniales: Der Mantel einer geschäftlichen Transaktion legt sich kulant über den Missbrauch und macht ihn zu … einer Dienstleistung! So können die kleinen Schlingel sich ideologiefrei dem eigenen Spaß widmen. In einem Spiegel-Interview erklärt ein Freier: „Dass die Frauen nicht freiwillig mit mir schlafen, blende ich aus.“
Den „Missbrauch-as-a-Service“ beschreibt der Sozialwissenschaftler Udo Gerheim sachgerecht und dennoch so, dass jedem Männerrechtler warm ums Herz wird: ein „omnipotenter Kosmos männlicher sexueller Wunscherfüllung“.
Wie viel Augenhöhe ist da wohl möglich? „Kein Werben, kein Aufschub, keine Zurückweisung, Sex sofort in jeglicher Ausformulierung.“ Alles klar, das kann man auch noch kürzer sagen: Frauen als Sexroboter. Und natürlich alle anderen Geschlechter im Dienste der Freier – die Nachfrage bestimmt das Angebot.
Freiertum ist nicht sexpositiv
Doch wann immer gefordert wird, die Politik möge dem toxischen Männerbund und seinem Treiben die Zustimmung entziehen, rufen insbesondere Progressive: Prüderie! Moralpanik! Gottesstaat! Sie übersehen, dass ein sakrosanktes System zur Befriedigung männlicher Triebe durch mehrheitlich unterprivilegierte Frauen schon ziemlich nah an einen Gottesstaat herankommt.

Einige interpretieren das System inklusive Bitte-nicht-Sex sogar als „sexpositiv“. Bordell und Swingerklub sind für sie aus einem Guss. Sie scheinen das gute alte Swingermotto vergessen zu haben: „Alles kann, nichts muss“, hast du keine Lust, hab ich auch keine.
Würden Freier dem Swingermotto folgen, könnten sie gleich vor Pornhub sitzen bleiben. Ihr Motto für „befreite Sexualität“ lautet deshalb: „Was muss, das muss“, mir doch wurscht, ob du Lust hast, solange der Service stimmt.
Der Höhepunkt der kognitiven Dissonanz ist erreicht, wenn Freier gegendert werden: Freier:innen. Denn während die Debatte stur darum kreist, ob Prostitution nun „weibliches Empowerment“, „normale Dienstleistung“ oder vielleicht doch „patriarchale Kackscheiße“ ist, werden Freier erst gar nicht erwähnt.
Aber die anderen Geschlechter sollen sichtbar sein, als wären sie verantwortlich dafür, dass Deutschland – dem Bonmot eines amerikanischen Sextouristen zufolge – „wie Aldi für Prostituierte“ ist?
Ausstieg aus dem Freiertum
Der Drops wäre sofort gelutscht, würde die Politik an den „Aldi für Prostituierte“ ein Gleichstellungsprinzip anlegen. Progressive könnten beruhigt sein, denn es würde ihnen davon weder ein Keuschheitsgürtel wachsen noch eine CSU-Ehrenmitgliedschaft.
Schon lange geht es nicht mehr darum, dass Prostituierte doch bitte schön Liebe, Ehe, Monogamie anstreben sollten. Oder dass sich Intimität mit Fremden nicht schicken würde. Nein, im Jahr 2023 geht es um die zersetzenden Egotrips männlicher Lust, für die spätestens seit #MeToo die gesellschaftliche Akzeptanz sinkt.
Freier schlafen mit Frauen, die nicht freiwillig mit ihnen schlafen. Man muss kein Prostituiertenschutzgesetz evaluieren, um zu erkennen, dass solche Männer ganz sicher nicht normalisiert gehören.
Es ist ein Unrecht, dass Freier – unter der verstaubten Flagge „Männer sind halt so“ – Frauen massenhaft ihre Lust aufzwingen dürfen. Und dabei Verheerungen anrichten, die es unumgänglich machen, dass das geltende Risikoprinzip endlich einem Vorsorgeprinzip weicht.






