Sehr geehrte Frau Badenberg,
die Durchsuchungen bei der Letzten Generation haben eine große Kontroverse ausgelöst. Auch Sie wurden in den „Tagesthemen“ dazu interviewt und ernteten im Anschluss viel Kritik. Renate Künast betitelte Ihren Auftritt als „peinlichstes Interview des Tages“. Die Aktivistin Emily Laquer schrieb, dass da auch kein Medientraining mehr helfe. Obwohl ich mit den beiden sonst oft übereinstimme, merke ich, dass ich mich in diesem Fall auf Ihrer Seite wiederfinde.
Sicherlich kann man einige Ihrer Aussagen bewusst falsch verstehen wollen, um Ihnen einen Strick daraus zu drehen. Auch der Überzeugung, dass das Strafgesetzbuch der Konsens ist, der unser Zusammenleben regelt, würde ich widersprechen. Für mich bildet das Grundgesetz diesen Rahmen. Dennoch merke ich, wie es mich stört, dass Sie so mit Häme übergossen werden.

Der Tag der Hausdurchsuchungen war hektisch, unübersichtlich und in Teilen überfordernd, die Informationslage änderte sich minütlich. Das haben wir auch in unserer anberaumten Pressekonferenz gemerkt, als wir vor laufenden Kameras wenig souverän reagiert haben, weil wir es besonders gut und richtig machen wollten. Diesen Anspruch, es gut und richtig zu machen, ehrlich zu sein, merke ich auch Ihrem Auftritt in den „Tagesthemen“ an, und das freut mich, weil es sich so abhebt von dem Zynismus, der Abgekochtheit und blanken Machtpolitik, die aus so vielen anderen Interviews mit Politikern spricht.
Ich bin mir sicher, dass auch Ihnen bewusst ist, wie riesig die Bedrohung durch die Klimakrise ist. Dass sie unsere Lebensgrundlagen und unsere Gesellschaft in ihren Grundfesten bedroht. Noch nie in der Geschichte der Menschheit war es global so warm wie heute – wir haben den sicheren Boden verlassen.
Sie als Justizsenatorin und wir als Bewegung des zivilen Ungehorsams scheinen auf den ersten Blick auf verschiedenen Seiten zu stehen. Aber ich glaube, dass wir an die gleichen demokratischen Werte glauben, und uns ist es ein großes Anliegen, möglichst viel und ausführlich über Lösungen für diese Krise ins Gespräch zu kommen – mit der Redaktion ist vereinbart, dass sie Ihnen unsere Kontaktdaten schickt, und es würde mich sehr freuen, wenn Sie von diesem Angebot Gebrauch machen würden.
Mit freundlichen Grüßen
Raphael Thelen
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