Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist angesichts der russischen Angriffe auf das ukrainische Stromnetz wegen des bevorstehenden Winters in großer Sorge. „Dieser Winter wird für Millionen von Menschen in der Ukraine lebensbedrohlich sein“, sagte der WHO-Regionaldirektor für Europa, Hans Kluge, am Montag vor Journalisten in der ukrainischen Hauptstadt Kiew. „Einfach ausgedrückt: In diesem Winter wird es ums Überleben gehen.“
Die Schäden an der ukrainischen Energieinfrastruktur, die durch die zahlreichen Raketenangriffe verursacht wurden, hätten bereits schwere Auswirkungen auf das Gesundheitssystem und die Gesundheit der Bevölkerung, sagte Kluge. Die WHO habe seit Beginn der russischen Invasion im Februar auch bereits mehr als 700 Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen in der Ukraine registriert. Dies sei ein „klarer Verstoß“ gegen das humanitäre Völkerrecht.
Hunderte Krankenhäuser nicht mehr voll funktionsfähig
„Anhaltende Angriffe auf die Gesundheits- und Energieinfrastruktur bedeuten, dass Hunderte von Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen nicht mehr voll funktionsfähig sind“, sagte Kluge. „Wir erwarten, dass zwei bis drei Millionen weitere Menschen ihre Häuser auf der Suche nach Wärme und Sicherheit verlassen werden“, warnte er.
Diese Menschen würden dann „mit besonderen gesundheitlichen Herausforderungen“ konfrontiert sein, darunter Atemwegsinfektionen wie Covid-19, Lungenentzündung und Grippe, sagte Kluge. Auch die „ernste Gefahr von Diphtherie und Masern in der nicht ausreichend geimpften Bevölkerung“ drohe.
Die gezielten russischen Angriffe auf Infrastruktur in der Ukraine haben dazu geführt, dass Millionen Menschen dort von der Stromversorgung abgeschnitten wurden. Am Donnerstag hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ihre Zahl auf zehn Millionen beziffert.
Ukrainischer Stromversorger rechnet mit Abschaltungen bis Ende März
Die Ukrainer müssen sich nach Einschätzung der Energieversorger bis mindestens Ende März auf Stromausfälle einstellen. Die Techniker versuchten ihr Möglichstes, die Schäden am Netz zu reparieren, bevor es noch winterlicher werde, schrieb der Chef des Stromversorgers Yasno, Serhij Kowalenko, am Montag auf Facebook.
Wenn es keine neuen Schäden durch russische Angriffe gebe, könne man den Strommangel über das ganze Land verteilen. Dann seien die Abschaltungen weniger lang. Bei neuen Schäden werde es wieder mehr ungeplante Stromausfälle geben. „Auch wenn es jetzt weniger Ausfälle gibt, möchte ich, dass jeder versteht: Wahrscheinlich werden die Ukrainer mindestens bis Ende März mit Ausfällen leben müssen“, schrieb Kowalenko.


