Der Sturz in ein Schwarzes Loch ist ein Gedankenspiel, das schon Kinder fasziniert. Auch für Wissenschaftler sind Schwarze Löcher ein anhaltend spannendes Phänomen. Experten der Weltraumorganisation Nasa haben nun erstmals eine realistische Simulation der Reise ins Innere eines Schwarzen Lochs erstellt, die zeigt, was passieren würde, wenn ein Raumschiff ihm zu nahe käme. Kürzlich wurden verschiedene, teils interaktive Videos der Simulation auf der Videoplattform YouTube veröffentlicht.
Dabei zeigt die Nasa die Reise einer Entfernung von etwa 25 Millionen Kilometern hin zum Schwarzen Loch. Das ist so weit wie 17 Prozent des Weges von der Erde zur Sonne. In der Simulation stürzt die Kamera in ein Schwarzes Loch, das die Masse von 4,3 Millionen Sonnen besitzt, wie die Nasa erklärt. Diese Größe entspricht in etwa dem supermassereichen Schwarzen Loch „Sagittarius A“, das im Zentrum unserer Milchstraße liegt.
„Wenn man die Wahl hat, möchte man in ein supermassereiches Schwarzes Loch fallen“, erklärt Jerry Schnittman, Astrophysiker bei der Nasa. „Schwarze Löcher mit stellarer Masse, die bis zu etwa 30 Sonnenmassen enthalten, besitzen viel kleinere Ereignishorizonte und stärkere Gezeitenkräfte, die herannahende Objekte zerreißen können, bevor sie den Horizont erreichen.“ Dies geschieht, weil die Anziehungskraft auf das Ende eines Objekts, das dem Schwarzen Loch näher ist, viel stärker ist als auf das andere Ende. Sich nähernde Objekte dehnen sich zunächst „wie Nudeln“ aus, ein Prozess, den Astrophysiker Spaghettifizierung nennen. Das ist auch auf der neuen Nasa-Simulation zu beobachten.
Astrophysiker zum Video: Zerstörung durch Spaghettifizierung steht kurz bevor
In dem Video ist eine flache, wirbelnde Wolke aus heißem, glühendem Gas zu sehen, die das Loch umgibt. Sie wird von Wissenschaftlern Akkretionsscheibe genannt. Ebenfalls im Bild sind sogenannte Photonenringe – leuchtende Strukturen, die das Schwarze Loch umkreisen. Vervollständigt wird die Szenerie von einem Sternenhimmel am Rand der Simulation.
Wenn sich die Kamera dem Schwarzen Loch nähert, erreicht sie beinahe Lichtgeschwindigkeit, wie die Nasa weiter mitteilt. Das Licht der Ringe und Scheiben erscheint dabei fast weiß. Das Schwarze Loch krümmt die Raumzeit und sorgt dafür, dass die Photonenringe und die Akkretionsscheibe verzerrt und teilweise gleich mehrfach zu sehen sind. „Sobald die Kamera den Horizont überquert, ist ihre Zerstörung durch Spaghettifizierung nur noch 12,8 Sekunden entfernt“, sagt Schnittman. „Von dort aus sind es nur noch 128.000 Kilometer bis zur Singularität.“ Als Singularität wird der Ort bezeichnet, an dem die herkömmlichen Gesetze der Physik, die wir verstehen, versagen, weil Raum und Zeit stark verzerrt sind.
Ein zweites Video der Nasa zeigt den Flug rund um ein Schwarzes Loch auf interaktive Weise im 360-Grad-Modus.
Fall ins Schwarze Loch: Erstellung der Simulation dauerte fünf Tage
Die Simulationen wurden auf dem Nasa-Supercomputer „Discover“ im Nasa Center for Climate Simulation durchgeführt. Nach Angaben der Weltraumorganisation benötigte der Supercomputer mit 0,3 Prozent seiner Prozessoren etwa fünf Tage, um die Simulation zu erstellen. Zehn Terabyte an Daten wurden dabei den Angaben zufolge generiert. Mit einem herkömmlichen Laptop würde dies mehr als ein Jahrzehnt in Anspruch nehmen, so die Nasa.
Schwarze Löcher sind Objekte mit einer so starken Schwerkraft, dass nicht einmal Licht aus ihnen entkommen kann. Sie entstehen, wenn große Sterne mit der vielfachen Masse unserer Sonne am Ende ihrer Existenz als Supernova explodieren und der übrig gebliebene Sternenrest kollabiert.


