Ein US-Richter hat am Mittwoch erklärt, er kann die US-Regierung um Präsident Donald Trump wegen Missachtung des Gerichts verurteilen. Bezirksrichter James Boasberg entschied demnach, dass ein „hinreichender Tatverdacht“ gegen Beamte der Trump-Regierung besteht, weil sie dessen Anordnung zur Umkehr von Flugzeugen mit abgeschobenen Männern aus Venezuela nach El Salvador missachtet hätten.
Die Regierung hatte sich im Zusammenhang mit der Massenabschiebung auf ein sehr altes Gesetz berufen, das die USA in Kriegszeiten schützen sollte. Trump verwies in seiner Anordnung auf den im Jahr 1798 verabschiedeten Alien Enemies Act. Dieser erlaubt es US-Präsidenten, Bürger einer feindlichen Nation festzunehmen oder abzuschieben. Er wurde in der US-Geschichte dreimal angewendet – im Britisch-Amerikanischen Krieg von 1812, im Ersten Weltkrieg und zuletzt im Zweiten Weltkrieg.
„Das Gericht kommt nicht leichtfertig oder voreilig zu diesem Schluss; es hat den Angeklagten ausreichend Gelegenheit gegeben, ihr Handeln zu korrigieren oder zu erklären. Keine ihrer Reaktionen war zufriedenstellend“, schrieb Bundesrichter James Boasberg in seinem Urteil.
Richter droht US-Regierung mit Anklage
Der Richter drohte mit einer möglichen Anklage, sollte die Regierung ihre Missachtung nicht beseitigen. Boasberg sagte, die Regierung könne das tun, indem sie diejenigen, die unter Verstoß gegen seine Anordnung in das Gefängnis von El Salvador gebracht wurden, in US-Haft zurückschicke.
Sollte das Justizministerium die Anklage ablehnen, werde er einen anderen Anwalt mit der Verfolgung der Missachtung beauftragen, betonte Boasberg US-Berichten zufolge. „Die Verfassung duldet keinen vorsätzlichen Ungehorsam gegenüber gerichtlichen Anordnungen – insbesondere nicht durch Beamte einer gleichrangigen Gewalt, die einen Eid geschworen haben, diese Anordnungen einzuhalten“, so Boasberg.
Das Vorgehen des Richters markiert eine Eskalation im Streit zwischen Judikative und Exekutive. Dabei geht um die Befugnisse eines Präsidenten, zentrale Prioritäten des Weißen Hauses willkürlich um- beziehungsweise durchzusetzen.
Jurist: Richter will die Regierung nicht ungeschoren davonkommen lassen
Steve Vladeck, Professor an der juristischen Fakultät der University of Georgetown, sagte gegenüber CNN: „Beamte der Exekutive wegen strafbarer Missachtung anzuklagen, kommt fast nie vor. [...] Oberster Richter Boasberg geht unter anderem deshalb vorsichtig vor, weil er versucht, einen schmalen Grat zu gehen: Er will die Regierung nicht für ihr Fehlverhalten ungeschoren davonkommen lassen, aber auch keinen Widerstand des DC Circuit Court oder des Obersten Gerichtshofs provozieren.“
Skye Perryman, Anwältin bei Democracy Forward, die den Fall vor Gericht gebracht hatte, sagte, das Urteil „bestätigt, was wir schon lange wissen: Das Verhalten der Regierung in diesem Fall ist rechtswidrig und stellt eine Bedrohung für die Bevölkerung und unsere Verfassung dar“.


