Der Mann, der das Todesurteil gegen den NS-Funktionär Adolf Eichmann vollstreckte, Shalom Nagar, ist im Alter von 88 Jahren in Israel gestorben. Das berichtet die israelische Zeitung Haaretz am Donnerstag. Eichmann galt als eine der Schlüsselfiguren in der Durchführung der sogenannten „Endlösung der Judenfrage“, wobei Millionen europäischer Juden in Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert und dort ermordet wurden. Nach dem Zweiten Weltkrieg floh Eichmann nach Argentinien, wo er im Jahr 1960 vom israelischen Geheimdienst Mossad gefasst wurde.
Eichmann wurde im Jahr 1961 in Jerusalem vor Gericht gestellt, wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt und 1962 hingerichtet. Dieses – nach Angaben von Haaretz einzige in der Geschichte Israels je vollstreckte – Todesurteil wurde von Nagar ausgeführt, der Eichmann zuvor auch im Gefängnis bewacht hatte.
Nagar litt jahrelang unter Albträumen
Nagar hatte dem Bericht zufolge erst viele Jahre später offenbart, wie sehr ihn diese Erfahrung belastet hatte. Demnach litt er jahrelang an Albträumen und unter einer posttraumatischen Belastungsstörung. „Ich hatte das Gefühl, dass der Todesengel kam, um auch mich zu holen“, sagte Nagar später über einen Moment kurz nach der Hinrichtung Eichmanns am Galgen.
„Shalom war derjenige, der das Seil knüpfte und danach Eichmann zu Fall bringen musste“, sagte Avner Avraham, ein ehemaliger Mitarbeiter des israelischen Geheimdienstes Mossad, der umfangreiche Nachforschungen über die israelische Operation in Argentinien anstellte, um Eichmann zu fassen. „Nachdem er Eichmann zu Fall gebracht hatte, kam eine Art Schrei aus Eichmanns Mund. Luft, die aus seinem Mund kam, als er bereits tot war. Das hat Shalom wirklich erschreckt“, sagte Avraham.
Shalom Nagar, reluctant hangman of Nazi war criminal Adolf Eichmann, dies aged 88https://t.co/WkEFTvaNeb
— Shloime Perel (@Shloim) November 28, 2024
Zuvor hatte Nagar Eichmann sechs Monate lang im Gefängnis bewacht. „Ich stand immer sehr nahe an dem Ort, wo er schlief, seine Memoiren aufschrieb und seine Notdurft verrichtete“, so Nagar gegenüber dem Magazin Mishpacha. Der Hintergrund für die enge Bewachung sei gewesen, dass man befürchtet habe, Eichmann könne sich selbst umbringen. Auch sein Essen musste Nagar aus diesem Grund vorkosten.
Später wurde Nagars Rolle im Fall Eichmann im Film „The Hangman“ („Der Henker“) aufgearbeitet. Darin berichtete er öffentlich von seinem Umgang mit den posttraumatischen Belastungsstörungen im Nachgang der Hinrichtung.

