An Hochschulen in Deutschland und anderen europäischen Ländern ist es am Dienstag erneut zu Protesten gegen den Krieg im Gazastreifen gekommen. Während Demonstrierende in Berlin ein Protestcamp auf einem Hof der Freien Universität (FU), errichteten, besetzten in Leipzig Protestierende das Audimax und den Innenhof der Universität in Leipzig.
An der Aktion in Sachsen waren 50 bis 60 propalästinensische Aktivisten beteiligt. Die Polizei räumte am Abend den Hörsaal und sprach von derzeit 13 Tatverdächtigen. Zuvor seien die Unterstützer, die die Türen des Audimax blockiert hatten, aufgefordert worden, die Eingänge zum Hörsaal freizugeben. Einige hätten jedoch weggetragen werden müssen, hieß es.

Nach Angaben der Universität war die Räumung unumgänglich, da Gefahr in Verzug für die Sicherheit aller Studierenden und Lehrenden bestanden habe. „Eine gewaltsame Störung des Lehrbetriebs und Inbesitznahme universitärer Räumlichkeiten dulden wir nicht“, hieß es in der Mitteilung der Uni.
Die Besetzer entrollten nach Angaben der Hochschule Banner unter anderem mit der Aufschrift „Uni-Besetzung gegen Genozid“. Die zu einem großen Teil vermummten Besetzer erklärten demnach, auf dem Campus für Palästina zu kämpfen, verbarrikadierten die Audimax-Türen von innen, versperrten von außen den Zugang durch Sitzblockaden und errichteten Zelte auf dem Innenhof.
Gegenprotestanten demonstrieren mit Israel-Fahnen
Laut Polizei hatten sich auch im Innenhof Unterstützer der Besetzung eingefunden. Zudem hätten rund 40 proisraelische Demonstranten unter anderem mit Israel-Fahnen gegen die Besetzung der Universität protestiert.
Rektorin Eva Inés Obergfell sagte: „Proteste und Demonstrationen sind grundsätzlich legitim, solange sie das Ziel der Information und Verständigung verfolgen. Eine Gefährdung Unbeteiligter und eine Eskalation sind hingegen keine akzeptable Form freiheitlicher Auseinandersetzung.“ Die Universität habe Strafanzeige erstattet. Der Lehrbetrieb im Audimax bleibe für den Rest der Woche ausgesetzt.
Gegen die 13 Personen, die sich im Audimax befanden, wurden Strafverfahren wegen des Verdachts des Hausfriedensbruchs eröffnet, wie die Polizei am Abend mitteilte. Gewahrsam- oder Festnahmen habe es nicht gegeben. Die Polizeidirektion Leipzig prüft, ob sie die Einsatzkosten den bekannten Störern in Rechnung stellt.

Der Sprecher der Konferenz Sächsischer Studierendenschaften (KSS), Paul Steinbrecher, erklärte, dass die Gruppen, die den Campus besetzt hatten, in der Vergangenheit mit zutiefst antisemitischen Aussagen aufgefallen seien. „Diese haben in den sächsischen Hochschulen keinen Platz. Hochschulen dürfen kein rechtsfreier Raum sein.“
Politiker fordern Exmatrikulation der Besetzer
Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow (CDU) verurteilte die Besetzung ebenfalls. „Sachsens Hochschulen sind nicht der Ort für antisemitische und antiisraelische Proteste“, erklärte der Minister. Hier würden die Grenzen einer kritischen Auseinandersetzung im Rahmen des demokratischen Diskurses weit überschritten und ließen nur eine entschlossene Reaktion des Rechtsstaates zu. Drohgebärden oder gar Repressalien und Gewalt gegenüber Hochschulmitgliedern würden nicht akzeptiert.
Die sächsische FDP forderte schnelle Konsequenzen. Sollte es sich um Studenten handeln, müsse die Universität die Exmatrikulation der Besetzer prüfen, verlangte der stellvertretende FDP-Landesvorsitzende Thomas Kunz. Die Sicherheit jüdischer Studentinnen und Studenten müsse gewährleistet sein.
Pro-palästinensische Proteste in mehreren Ländern
Auch in anderen Ländern fanden pro-palästinensische Proteste an Hochschulen statt. In Paris schritt die Polizei am Dienstag zweimal vor dem historischen Gebäude der renommierten Hochschule Sciences Po Paris ein, um pro-palästinensische Versammlungen aufzulösen, wie AFP-Reporter berichteten. 13 Studenten der Hochschule sind seit der vergangenen Woche im Hungerstreik. An der berühmten Sorbonne ging die Polizei am Abend gegen Studierende vor, die rund zwei Stunden zuvor einen Hörsaal besetzt hatten, wie eine AFP-Journalistin berichtete.
In Amsterdam löste die Polizei in der Nacht zum Dienstag ein Protestlager auf einem Campus auf und nahm 125 Demonstrierende fest. Wie Fernsehbilder zeigten, gingen die Beamten mit Schlagstöcken gegen die Demonstierenden vor und zerstörten ihre Zelte, nachdem diese sich geweigert hatten, den Campus zu verlassen. Der Polizei zufolge hatten die Proteste einen „gewalttätigen Charakter“.
In der Schweiz besetzten pro-palästinensische Studenten Hochschulen in Lausanne, Zürich und Genf. In Österreich haben Dutzende ein Protestcamp auf dem Gelände der Universität Wien errichtet.
Auch in den USA protestieren Studenten teils massiv gegen die israelische Militäroffensive im Gazastreifen. Diese wurden durch den Überfall der von den USA und der EU als Terrororganisation eingestuften Hamas auf Israel am 7. Oktober ausgelöst. Die islamistischen Kämpfer töteten damals nach israelischen Angaben etwa 1170 Menschen. Darüber hinaus verschleppten sie rund 250 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen. Israel geht seit dem Hamas-Großangriff massiv militärisch im Gazastreifen vor.
Sie erhalten eine Bestätigung per E-Mail.


