Die rechte FPÖ wird bei der Parlamentswahl in Österreich mit einem historischen Wahlsieg stärkste Kraft: Sie hat mit 29,2 Prozent der Stimmen gewonnen. Das teilte das Innenministerium im vorläufigen Endergebnis mit. Die bisherige Kanzlerpartei ÖVP wurde demnach mit 26,5 Prozent der Stimmen auf den zweiten Platz verdrängt. Die konservative ÖVP büßte 11 Prozentpunkte im Vergleich zur vorigen Wahl im Jahr 2019 ein, während sich die FPÖ um 13 Punkte steigerte.
„Es ist ein Stück Geschichte, das wir heute miteinander geschrieben haben“, sagte FPÖ-Chef Herbert Kickl am Sonntagabend bei einer Wahlparty in Wien. Die FPÖ habe das beste Ergebnis ihrer Parteigeschichte eingefahren und sei zugleich erstmals stärkste Kraft bei einer Nationalratswahl geworden, sagte Kickl. Die FPÖ übertraf ihre bisherige Rekordmarke aus dem Jahr 1999, als sie unter ihrem damaligen Chef Jörg Haider auf 26,9 Prozent der Stimmen gekommen war.
ÖVP lehnt Zusammenarbeit mit FPÖ ab
Die Rechtspopulisten waren schon mehrmals an der Regierung in Wien beteiligt, allerdings bisher nur als Juniorpartner. Auch nach dem Wahlsieg bleibt ungewiss, ob es dem stramm rechten Parteichef Kickl gelingt, Koalitionspartner zu finden. Kanzler und ÖVP-Chef Nehammer etwa hatte eine Zusammenarbeit mit Kickl als Regierungschef immer wieder ausgeschlossen.
Der FPÖ-Chef bekräftigte nach der Wahl den Regierungsanspruch seiner Partei. „Wir sind bereit, auch eine Regierung zu führen“, sagte Kickl im ORF. Die anderen Parteien müssten nun die Frage beantworten, „wie sie es mit der Demokratie haben“, sagte er mit Blick auf die Absage Nehammers an ein Regierungsbündnis unter seiner Führung.
Der ÖVP-Chef betonte am Wahlabend, seine Aussage gelte „auch nach der Wahl“. Nach einer möglichen Dreier-Koalition unter seiner Führung gefragt, sagte Nehammer, zunächst einmal müssten die Endergebnisse der Wahl und die Sitzverteilung im neuen Parlament abgewartet werden. Danach seien Gespräche „natürlich das Nächstwichtige nach so einem Wahltag“.
Regierungsauftrag nach Wahl in Österreich: Präsident will sich noch nicht festlegen
Neben einer Koalition unter FPÖ-Führung wäre rechnerisch wohl auch eine Zweierkoalition aus ÖVP und SPÖ möglich. Nach den Hochrechnungswerten vom Sonntagabend erreichten beide Parteien zusammen 93 Mandate und holten damit einen Sitz mehr, als für die Mehrheit im Nationalrat benötigt wird.
Aufgrund von Kickls umstrittenen Äußerungen und Positionen könnte sich der aus den Reihen der Grünen stammende Bundespräsident Alexander Van der Bellen weigern, den FPÖ-Chef mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Der direkt gewählte Staatschef ist laut Angaben auf der Website des Präsidialamts „verfassungsmäßig völlig frei“, er muss demnach nicht den Kandidaten der stärksten Fraktion auswählen. In diesem Fall könnte der amtierende Kanzler Nehammer erneut zum Zug kommen.

