Der 73 Meter lange Öl- und Chemikalientanker „Annika“ ist am Freitag auf der Ostsee aus noch unbekannter Ursache in Brand geraten. Wie die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger mitteilte, wurden die sieben Besatzungsmitglieder gerettet.
Der Tanker ist derzeit mit Hilfe zweier Schlepper von seinem Havarie-Standort vor der Küste in Heiligendamm auf dem Weg nach Rostock für weitere Löscharbeiten. Im Überseehafen wird er nach Angaben eines Sprechers des Deutschen Havariekommandos erst nach Mitternacht erwartet. Vertreter des Havariekommandos und der Feuerwehr Rostock trafen sich am Abend in Rostock zu einer Lagebesprechung.
Der Brand auf dem Öltanker „Annika“ ist nach neuesten Erkenntnissen nicht im Maschinenraum des Schiffes ausgebrochen. Derzeit gehe man davon aus, dass sich das Feuer im Farben- und Lackraum („Paintroom“) entzündet habe, so der Sprecher.
Nach Angaben des Havariekommandos befinden sich etwa 640 Tonnen Schweröl auf der „Annika“, die zwischen Warnemünde und Kühlungsborn in der Mecklenburger Bucht vor Anker liegt. Ein Notschlepper kühlt die Außenhaut des Tankschiffs im Bereich des Hecks, wo sich der Maschinenraum befindet.
Öltanker-Brand auf der Ostsee: Rauch weithin sichtbar
Die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) teilte zuvor mit, der von dem brennenden Tanker aufsteigende Rauch sei „weithin bis an die Küste sichtbar“. Auf Fotos ist zu sehen, wie von den Einsatzschiffen große Wassermengen auf den Tanker gesprüht werden. Schwarzer Rauch dringt aus dem Bereich des Hecks mit Maschinenraum und Brücke.
Die Einsatzkräfte der DGzRS seien um kurz nach 9 Uhr per Funk alarmiert worden, teilte die Organisation in Bremen mit. Etwa eine Stunde später habe eines ihrer Boote die Besatzung der „Annika“ an Bord genommen. Mehrere Besatzungsmitglieder erlitten laut Havariekommando leichte Verletzungen.
Laut der DGzRS und dem Havariekommando befinden sich derzeit der Seenotrettungskreuzer „Arkona“ der DGzRS-Station Warnemünde, der vom Bundesverkehrsministerium gecharterte Hochseebergungsschlepper „Baltic“ und das Mehrzweckschiff „Arkona“ bei dem Tanker und bekämpfen den Brand von außen. Alle drei Schiffe sind unter anderem mit leistungsstarken Wasserwerfern ausgestattet. „Auf dem Weg sind zahlreiche weitere Fahrzeuge und mehrere Hubschrauber“, teilte die DGzRS weiter mit. Nach Angaben der Polizei wurde eine Sperrzone von drei Seemeilen um den Einsatzort eingerichtet.

Brand von Öltanker auf der Ostsee: Bisher keine Gewässerverunreinigung
Der Brand des Ölschiffs hat laut dem Schweriner Umweltministerium bisher keine Gewässerverunreinigung verursacht. Erkenntnisse zu möglichen Umweltgefahren lagen zunächst nicht vor. Entsprechende Erkundungen liefen, teilte ein Sprecher des Havariekommandos mit.
Die Umweltorganisation WWF lobte den schnellen Einsatz der Rettungskräfte und Löschmannschaften. Das Havariekommando Nord habe sich bewährt, sagte der Leiter des WWF-Ostseebüros in Stralsund, Finn Viehberg. „Das ist die Forderung, die wir immer wieder stellen: Ein dichtes Havariekommandonetz über die gesamte Ostsee“, sagte Viehberg. Das sei nicht überall gegeben, wo Gefahrgutschiffe unterwegs sind, betonte er.
Die Ostsee gilt als eines der am stärksten befahrenen Meere der Welt. Täglich sind Viehberg zufolge dort rund 2000 große Schiffe unterwegs. Darunter seien Tanker mit bis zu 100.000 Tonnen Ladung an Bord. Die Havarie vor Heiligendamm sei ein „Schuss vor den Bug.“
Forschungsinstitut wegen brennenden Öltankers in Sorge
Der Direktor des Leibniz-Instituts für Ostseeforschung Warnemünde (IOW), Oliver Zielinski, blickt unterdessen mit großer Sorge auf den brennenden Öltanker. „Das ist ein mit 640 Tonnen Schweröl beladenes Schiff wenige Kilometer vor der Küste und wir haben starken Westwind“, sagte der Professor der Deutschen Presse-Agentur. „Das würde also im schlechtesten Fall in ein sehr sensibles Flachmeer-Ökosystem getrieben werden.“
