Arbeitsrecht

Neues Gesetz: Beschäftigte bei Uber und Lieferdiensten sollen mehr Rechte erhalten

Wer als Taxifahrer oder Kurier über eine Online-Plattform arbeitet, ist auf dem Papier häufig selbständig und damit nicht über den Arbeitgeber sozialversichert. Das soll sich nun ändern.

Der Fahrer eines Lieferdiensts fährt über die Theodor-Heuss-Brücke in Wiesbaden. 
Der Fahrer eines Lieferdiensts fährt über die Theodor-Heuss-Brücke in Wiesbaden. Sebastian Gollnow/dpa

Millionen Beschäftigte von Diensten wie UberDeliveroo und Co. sollen in Europa mehr Rechte erhalten. Die EU-Länder verständigten sich nach wochenlangen Verzögerungen am Montag in Brüssel grundsätzlich auf ein Gesetz zur sogenannten Plattformarbeit, wie der belgische Ratsvorsitz im Onlinedienst X mitteilte. Wegen Bedenken in Deutschland und Frankreich hatte die Einigung wochenlang auf der Kippe gestanden.

Das Gesetz soll dafür sorgen, dass Beschäftigte sogenannter Plattformfirmen unter bestimmten Bedingungen als voll angestellt gelten. Bislang sind etwa Uber-Fahrer oder Fahrradkuriere auf dem Papier häufig selbständig und damit nicht über ihren Arbeitgeber sozialversichert.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) begrüßte die Einigung. „Scheinselbständigkeit und prekäre Arbeitsbedingungen werden so zurückgedrängt“, sagte er der Zeitung Politico. „Das ist gut für die Beschäftigten.“ Nach belgischen Angaben könnten davon mehr als 28 Millionen Menschen in der EU profitieren.

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Mehr Arbeitnehmerrechte bei Lieferdiensten: Deutschland enthält sich

Deutschland enthielt sich bei der Entscheidung am Montag, weil es unterschiedliche Ansichten zu dem Vorhaben gibt. So hatten sich vor allem FDP-Vertreter gegen das Gesetz ausgesprochen. Der stellvertretende Bundesvorsitzende Johannes Vogel bezeichnete die vorgesehenen Plattformregeln jüngst als „einen Angriff auf alle Selbstständigen in Europa“. Selbstständigkeit sei ein zentraler und notwendiger Teil einer modernen Arbeitswelt. Die Initiative der Kommission gehe daher nicht zu weit, sondern in die falsche Richtung. „Es kann nicht sein, dass Selbstständige gegen ihren Willen zu Beschäftigten gemacht werden sollen“, sagte Vogel. Neben Deutschland stimmte auch Frankreich nicht für die neuen Regeln.

Die beiden großen Mitgliedsländer wurden jedoch überstimmt, weil Estland laut Diplomaten im letzten Moment seine Haltung zu dem Gesetz änderte. Damit wurde die nötige Mehrheit von 15 Mitgliedstaaten erreicht, die 65 Prozent der EU-Bevölkerung auf sich vereinen. Auch die Zustimmung des Europaparlaments ist noch erforderlich.

Bundesarbeitsminister Heil erklärte mit Blick auf die FDP-Bedenken, das neue Gesetz bringe „Rechtssicherheit für die Unternehmen“. Denn die Richtlinie sehe erstmals „EU-weite Regelungen für den Einsatz automatisierter Überwachungssysteme in der Arbeitswelt“ vor.

Lieferando für neue Regeln

Zu höheren Preisen bei den Kundinnen und Kunden soll die neue Richtlinie zumindest bei Essenslieferant Lieferando nicht führen. Das Unternehmen stelle bereits alle Fahrer regulär an, „mit allen entsprechenden Bezügen und Rechten für die Beschäftigten“, teilte Lieferando jüngst mit. „Dementsprechend halten wir die Richtlinie für kostenneutral umsetzbar, zugunsten besserer Branchenstandards.“

Der Fahrdienstleister Uber teilte mit, der Status der Mitarbeiter werde von Land zu Land und von Gericht zu Gericht entschieden. Man fordere die EU-Länder auf, nationale Gesetze zu schaffen, die Schutz böten und gleichzeitig die Unabhängigkeit der Fahrer wahren würden. Zudem hieß es: „In Deutschland arbeiten wir – unter Berücksichtigung der hiesigen Gesetzeslage – ausschließlich mit Liefer- und Flottenpartnern zusammen, bei denen die Kuriere und Fahrer angestellt sind.“ Andere Plattformen wie freelancer.com reagierten zunächst nicht auf das Abstimmungsergebnis.

Eigentlich hatten sich Unterhändler der EU-Staaten und des Parlaments bereits zweimal auf einen Kompromiss geeinigt. Die Deals platzen aber wieder, und es brauchte weitere Gespräche. Dabei war es vor allem schwierig, innerhalb der EU-Staaten eine Mehrheit zu finden, was auch an der Bundesregierung scheiterte.

Korrekturhinweis: In einer früheren Version dieses Artikels wurde auch Lieferando als Plattformfirma, deren Mitarbeiter häufig nicht festangestellt sind, aufgezählt. Dies war falsch. Laut dem Unternehmen arbeitet Lieferando weder mit selbstständigen Fahrern noch mit Subunternehmen zusammen.