Protest

Nach Tesla-Anschlag: Berliner demonstrieren in Grünheide gegen Elon Musks Autofabrik

Der Aufruf – wenige Tage nach dem Anschlag – kam von Nabu, Extinction Rebellion und anderen Gruppen. Es gab auch Gegenprotest. 

Hunderte Demonstranten protestierten gegen die Tesla-Fabrik in Grünheide.
Hunderte Demonstranten protestierten gegen die Tesla-Fabrik in Grünheide.Odd Anddersen/AFP

In Grünheide bei Berlin haben sich am Sonntag zahlreiche Menschen versammelt, um gegen die dortige Tesla-Fabrik zu demonstrieren. Die Kundgebung startete gegen 14 Uhr am Bahnhof Fangschleuse und führte zum Rathaus Grünheide. Zunächst ertönten jedoch Lautsprecherdurchsagen und erste Redebeiträge. „Tesla Tesla Tesla – raus raus raus“, schallte es zu Beginn der Kundgebung laut über das Gelände. 

Die Veranstalter rechneten im Vorfeld mit etwa 500 Demo-Teilnehmern. Während der Veranstaltung gingen die Organisatoren dann von mindestens 1200 Demonstranten aus. Laut Beobachtern dürfte die Zahl in etwa stimmen. Einschätzungen der Brandenburger Polizei wird es dazu nicht geben. Die Behörde äußert sich grundsätzlich nicht zu Teilnehmerzahlen von Kundgebungen. 

So oder so – es wäre die bislang größte Demonstration der Tesla-Kritiker. Neben dem örtlichen Verein Natur und Landschaft riefen weitere Organisationen zu dem Protest auf: Nabu, Grüne Liga, Wassertafel, Robin Wood und Naturfreunde waren dabei, aber auch radikalere Gruppen wie Extinction Rebellion oder die Interventionistische Linke.

Tesla-Protest: Demonstranten reisen aus Berlin an

Die Zusammensetzung der Teilnehmer war bunt gemischt, einige kamen mit dem Fahrrad, auch Familien waren dabei. Viele Demonstranten reisten mit dem Zug aus der Hauptstadt an. „Man kann versuchen, sich in Berlin einzuigeln, aber es wird uns ja auch betreffen. Früher sind wir auch in die Lausitz gefahren, um gegen Kohle zu demonstrieren. Das hier ist sogar näher“, so beispielsweise Lara Eckstein aus Berlin-Wedding.

Angela, ein 64-jähriges Nabu-Mitglied, hatte auf der letzten Klimaschutzdemo in Berlin am 1. März von dem Tesla-Protest in Grünheide erfahren. Sie hatte einen Flyer in die Hand gedrückt bekommen – und nun war sie hier. „Es geht um unser aller Trinkwasser. Das ist für den Naturschutz eine Katastrophe“, sagte sie.

Der 30-jährige Robert aus Berlin-Schöneberg, der zusammen mit Bekannten teilnahm, sagte: „Der Kampf wird nicht ohne die Beschäftigten gehen. Uns ist aber auch der Erhalt der Natur wichtig.“ Robert und ein weiterer Demonstrant schwenkten eine Anarcho-Syndikalismus-Flagge.

Auf einigen Plakaten stand: „Baut Busse statt SUVs“ oder „Gegen Musk = Gegen Rechts“ und „Nicht fordern, kämpfen. Enteignen, streiken, plündern“. Als die Demonstration begann, sangen Teilnehmer: „Gemeinsam werden wir beschützen, was uns alle am Leben hält – das Wasser in Grünheide und das Wasser auf der ganzen Welt“.

Einige Teilnehmer wollen bekannte Rechtsextremisten erkannt haben, die sich unter die Demonstranten gemischt hätten. Einer der unwillkommenen Gäste sei der YouTuber Björn Banane, sagte eine Sprecherin vom „Bündnis Tesla den Hahn abdrehen“. Ein Redner der radikalen Umweltschutzbewegung Extinction Rebellion rief ins Mikrofon: „Scheiß Fascho, verschwinde!“. Steffen Schorcht von der Bürgerinitiative der Tesla-Kritiker gab sich noch am Morgen angesichts möglicher Gegenproteste am Sonntag gelassen. „Das ist ihr gutes Recht“, so Schorcht. Er hoffte, dass es nicht zu „Konflikten“ mit Gegendemonstranten kommt.

Eine Person soll den verbotenen Hitlergruß gegenüber einer Gruppe von Tesla-Kritikern gezeigt haben. Außerdem ermittelt die Polizei wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung. Einige Umweltschützer hätten nach ersten Erkenntnissen einen Mann und seine Partnerin mit einem Knüppel verletzt, sagte ein Polizeisprecher am Abend. 

Später dann zeigten auf einer zweiten Kundgebung Anwohner ihre Solidarität mit Tesla. Sie sehen die Ansiedlung als Chance für die Zukunftsentwicklung der Gemeinde. Laut Polizei ist es zu keinen Auseinandersetzungen zwischen beiden Seiten gekommen. 

Tesla-Werk sorgt schon länger für Unmut – Anschlag führt Eskalation herbei

Der Protest gegen das Tesla-Werk sorgt schon seit längerem für Spannungen. Kürzlich eskalierte es dann. Bislang unbekannte Extremisten legten auf einem Feld in Ostbrandenburg Feuer an einem Strommast, der auch die Versorgung der Tesla-Fabrik in Grünheide bei Berlin gewährleistet. Die Produktion der einzigen europäischen Fabrik des Unternehmens von Elon Musk ist seitdem unterbrochen.

Die linksextreme „Vulkangruppe“ hatte erklärt, sie sei für den Anschlag verantwortlich. Die Polizei hält ein Bekennerschreiben für echt.

Es ist die bisher größte Tesla-Demonstration in Grünheide. 
Es ist die bisher größte Tesla-Demonstration in Grünheide. Markus Wächter/Berliner Zeitung

Was wollen die Tesla-Kritiker?

Die Bundesanwaltschaft hat die Ermittlungen zu dem Tesla-Anschlag übernommen. Es bestehe der Anfangsverdacht unter anderem der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, der verfassungs­feindlichen Sabotage sowie der gemein­schaftlichen Brandstiftung, teilte eine Sprecherin der Karlsruher Behörde am vergangenen Freitag mit.

Unterdessen harren seit Tagen bis zu 80 Personen in einem Dutzend Baumhäusern vor Ort aus. Die Protestler wollen nicht, dass die Gigafactory erweitert wird. Überhaupt lehnen zwei Drittel der Bevölkerung dies ab. Die Gemeindevertretung muss sich aber nicht an das Votum halten. Viele Kritiker befürchten, dass die Politik erneut Tesla-freundlich entscheidet.

Seit Jahren fordern die Kritiker mehr Transparenz im Tesla-Genehmigungsverfahren sowie mehr demokratische Mitbestimmungsrechte für die Bevölkerung. Auch fordern die Gegner des Werks ernst zu nehmende Notfallpläne vor Ort. Die gebe es bislang nicht.

Tesla wird zudem auch bezüglich der Abwasserentsorgung kritisiert. Laut einer Beschlussvorlage des Wasserverbands Strausberg-Erkner überschreitet Tesla „ständig und in erheblicher Weise“ Abwassergrenzwerte.

Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer bastelten sich Schilder.
Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer bastelten sich Schilder.Markus Wächter/Berliner Zeitung

Am Freitagabend nach dem Angriff auf die Stromversorgung demonstrierten Tesla-Mitarbeiter vor dem Betriebsgelände. Über 2000 Mitarbeiter und Familienangehörige folgten dem Aufruf des Betriebsrates, wie Tesla-Werksleiter André Thierig mitteilte. Er schrieb am Freitagabend auf LinkedIn, die Beschäftigten setzten ein klares Zeichen gegen Gewalt, für den Zusammenhalt der Belegschaft und „dass wir uns nicht unterkriegen lassen“.