Die israelische Armee ist offenbar gewaltsam auf ein Gelände der UN-Blauhelme eingedrungen. Wie die UNIFIL-Friedenstruppe im Libanon mitteilte, wurden neue israelische Verstöße gegen ihre Stellungen im Lande gemeldet. In der Erklärung heißt es, der Vorfall habe sich am frühen Sonntagmorgen in einer UN-Stellung in Ramiya ereignet.
Als sich gegen 4.30 Uhr Ortszeit die Friedenstruppen in ihren Unterkünften aufhielten, sollen zwei israelische Merkava-Panzer das Haupttor der Stellung zerstört haben. Die israelischen Truppen forderten den Angaben zufolge „mehrfach, dass die Basis ihre Lichter ausschaltet“. Weiter heißt es, dass die Panzer etwa 45 Minuten später abzogen, nachdem UNIFIL „über unseren Verbindungsmechanismus protestiert und erklärt hatte, dass die Anwesenheit der IDF die Friedenstruppen in Gefahr bringe“.
Um etwa 6.40 Uhr Ortszeit meldeten Blauhelmsoldaten den Abschuss mehrerer Geschosse rund 100 Meter nördlich von ihnen, woraufhin Rauch über das Gelände gezogen sei. „Fünfzehn Friedenssoldaten erlitten Auswirkungen, einschließlich Hautreizungen und Magen-Darm-Reaktionen, nachdem der Rauch in das Lager eingedrungen war“, so die UNIFIL.
UN-Generalsekretär António Guterres reagierte am Sonntagabend. In einer Erklärung hieß es: „UNIFIL-Personal und ihre Einrichtungen dürfen niemals angegriffen werden. Angriffe auf Friedenstruppen verstoßen gegen das Völkerrecht und können ein Kriegsverbrechen darstellen.“
Netanjahu: UNIFIL-Blauhelme müssen „sofort aus der Gefahrenzone“
Das war nicht der erste Vorfall, bei dem UN-Friedenstruppen aufgrund des Verhaltens israelischer Soldaten im Libanon verletzt wurden. Nachdem scharfer internationaler Kritik daran forderte Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu UN-Generalsekretär António Guterres auf, die UNIFIL-Soldaten aus der Gefahrenzone zu bringen. „Herr Generalsekretär, entfernen Sie die UNIFIL-Truppen aus der Gefahrenzone. Das sollte jetzt sofort geschehen“, sagte Netanjahu in einer am Sonntag von seinem Büro veröffentlichten Videobotschaft.
Israel hatte zuvor angekündigt, die UN-Soldaten der UNIFIL-Friedensmission schützen zu wollen. Verteidigungsminister Joav Gallant habe betont, dass die Streitkräfte trotz der „operativen Herausforderung“ durch die Präsenz der Hisbollah in der Nähe der UNIFIL-Stellungen „weiterhin Maßnahmen ergreifen werden, um Schaden von den UNIFIL-Truppen und Friedenstruppen im Südlibanon abzuwenden“, erklärte das israelische Verteidigungsministerium nach Gesprächen zwischen Gallant und dessen US-Amtskollegen Lloyd Austin.
Die UN-Friedensmission hatte der israelischen Armee vorgeworfen, ihre Stellungen in der südlibanesischen Stadt Nakura, wo sich das UNIFIL-Hauptquartier befindet, in den vergangenen Tagen „vorsätzlich“ beschossen zu haben. Die Vorfälle wurden international scharf verurteilt. 40 Länder sagten der UN-Friedenstruppe im Anschluss ihre „uneingeschränkte“ Unterstützung zu.
Verletzte Blauhelm-Soldaten: Israelische Armee kündigte Untersuchung an
Am Samstag hatte die UNIFIL die Verletzung eines fünften UN-Soldaten durch Beschuss „unbekannter Herkunft“ bekanntgegeben. Der Blauhelmsoldat sei am Freitagabend in Nakura „von Schüssen getroffen“ worden, „weil in der Nähe militärische Aktivitäten stattfanden“, erklärte die UNIFIL. Die Herkunft des Beschusses sei „noch nicht bekannt“. Der Zustand des verletzten Blauhelmsoldaten sei aber „stabil“.
Es war das dritte Mal binnen zwei Tagen, dass ein UNIFIL-Soldat infolge der Kampfhandlungen verletzt wurde. Erst am Freitag hatte ein ähnlicher Zwischenfall scharfe internationale Kritik am israelischen Vorgehen im Kampf gegen die Hisbollah ausgelöst. Die israelische Armee kündigte „eine gründliche Untersuchung auf höchster Kommandoebene“ an.


