Migration

Migrationsabkommen: Tunesien lehnt „Almosen“ der EU ab – „Respektlos“

Millionenhilfen der EU sollten in Tunesien dazu beitragen, die Zahl der Flüchtenden aus Afrika zu verringern. Der Präsident des Landes winkt ab. Der „lächerliche Betrag“ sei dafür nicht der Grund.

Tunesiens Präsident Kais Saied bei einer Rede
Tunesiens Präsident Kais Saied bei einer RedeFethi Belaid/AP

Der tunesische Präsident Kais Saied hat im Namen seines Landes die Millionenhilfen der EU für sein Land als „Almosen“ zurückgewiesen.
Tunesien sei zur Zusammenarbeit bereit, nehme aber keine „Gefälligkeit“ an, „wenn sie respektlos ist“, erklärte Said am Montag. Folglich lehne Tunesien ab, „was in den letzten Tagen von der EU angekündigt wurde“.

Tunesien ist zusammen mit Libyen der Hauptstartpunkt für die Flüchtlinge, die über das Mittelmeer in die EU kommen wollen. Nach monatelangen Verhandlungen hatten Tunesien und die Europäische Union – vertreten durch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die italienische Premierministerin Giorgia Meloni und den niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte – im Juli eine Absichtserklärung mit dem tunesischen Präsidenten unterzeichnet. Bei dem Text handelt es sich um ein Memorandum of Understanding, das keine unmittelbar bindenden rechtlichen Verpflichtungen zur Folge hat. Er enthält jedoch eine Vielzahl von Aktionsplänen, die in einem schrittweisen Prozess ausgearbeitet werden sollen. Damit sie in rechtsverbindliche Instrumente umgewandelt werden können, bedürfen sie der formellen Zustimmung der EU-Mitgliedstaaten.

EU-Deal mit Tunesien: „Fünf Säulen“der Kooperation

Die Pläne sind in fünf thematische Säulen unterteilt. Es geht um die der Kooperation zwischen dem nordafrikanischen Land und der EU: Migration und Bekämpfung der Schleuserkriminalität; makroökonomische Finanzhilfen seitens der EU; Stärkung der Wirtschaftsbeziehungen; Zusammenarbeit im Bereich der erneuerbaren Energie und Förderung des kulturellen Austauschs zwischen Tunesien und Europa.

Die Migration ist dabei eines der zentralen Punkte: Tunesien soll demnach Finanzhilfen von bis zu 900 Millionen Euro erhalten und im Gegenzug stärker gegen Schlepper und illegale Überfahrten vorgehen. Die EU-Kommission will damit erreichen, dass weniger Schleuserboote über Tunesien nach Italien kommen.

Brüssel hatte Ende September verkündet, „schnell“ mit der Auszahlung der im Rahmen des Deals vorgesehenen Mittel beginnen zu wollen. Demnach sollen von den für den Kampf gegen illegale Einwanderung vorgesehenen 105 Millionen Euro rund 42 Millionen Euro zeitnah zugeteilt werden. Hinzu kommen 24,7 Millionen Euro, die bereits im Rahmen laufender Programme vorgesehen sind.

Gelder sollten für Küstenwache und „Schutz der Migranten“ eingesetzt werden

Saied erklärte, die Ablehnung des Geldes geschehe „nicht wegen des lächerlichen Betrags“, sondern weil der Vorschlag der EU-Kommission nicht der in Tunis unterzeichneten Erklärung und „dem Geist“ des Migrationsgipfels in Rom entspreche.

Nach Angaben der EU-Kommission sollen die Hilfen für die Instandsetzung von Booten der tunesischen Küstenwache sowie für die Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen zum „Schutz der Migranten“ und die Rückführung von Migranten von Tunesien in ihre Heimatländer verwendet werden. Das Programm sieht zudem eine direkte Haushaltshilfe in Höhe von 150 Millionen Euro für das wirtschaftlich angeschlagene Tunesien in diesem Jahr vor.

Vergangene Woche hatte Präsident Saied einen geplanten Besuch einer Delegation der EU-Kommission zur Konkretisierung der im Juli getroffenen Vereinbarungen verschoben. Innenminister Kamel Feki hatte in diesem Zusammenhang allerdings eine „Uneinigkeit“ mit der EU zurückgewiesen.