Nahostkonflikt

Gazakrieg: Merz droht Israel erstmals konkret – Deutschland startet Luftbrücke

Wegen der Lage in Gaza startet Deutschland eine Luftbrücke mit Jordanien. Kanzler Merz droht Israel erstmals offen mit Konsequenzen, sollte sich die humanitäre Situation nicht rasch bessern.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) kommt zu einer Pressekonferenz nach der Sitzung des Sicherheitskabinetts zu den Konflikten im Nahen Osten im Bundeskanzleramt.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) kommt zu einer Pressekonferenz nach der Sitzung des Sicherheitskabinetts zu den Konflikten im Nahen Osten im Bundeskanzleramt.Bernd von Jutrczenka/dpa

Inmitten wachsender internationaler Kritik an der humanitären Lage im Gazastreifen hat Bundeskanzler Friedrich Merz Israel erstmals offen mit Konsequenzen gedroht. Zugleich kündigte Merz den sofortigen Start einer Luftbrücke zur Versorgung der notleidenden Bevölkerung an – in Zusammenarbeit mit Jordanien. Die Bundeswehr werde sich beteiligen, Verteidigungsminister Boris Pistorius koordiniere den Einsatz mit Frankreich und Großbritannien.

„Wir wissen, dass das für die Menschen in Gaza nur eine ganz kleine Hilfe sein kann. Aber immerhin ist es ein Beitrag, den wir gerne leisten wollen“, sagte Merz am Montagabend. Die erste Lieferung soll in Kürze erfolgen. Auch die USA forderten Israel zum Handeln auf: Präsident Donald Trump betonte, Israel trage „große Verantwortung“ dafür, dass Lebensmittel auch tatsächlich bei der Zivilbevölkerung ankommen.

Deutschland droht Israel mit Sanktionen

Der Ton aus Berlin ist so deutlich wie nie. „Sollte Israel die humanitäre Lage nicht schnell verbessern, behalten wir uns Maßnahmen vor“, sagte Merz nach einer Sitzung des Sicherheitskabinetts. Um welche Sanktionen es sich handeln könnte, ließ er offen. Es ist das erste Mal, dass der Kanzler offen Konsequenzen gegen den engen Verbündeten in Aussicht stellt.

Auch auf EU-Ebene wächst der Druck: Die EU-Kommission empfahl, die Teilnahme Israels am Forschungsprogramm „Horizon Europe“ teilweise auszusetzen. Bereits heute wollen die ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten in Brüssel über das weitere Vorgehen beraten.

Israel weist Kritik zurück – WHO spricht von alarmierender Unterernährung

Das israelische Außenministerium reagierte empört auf die angedrohten Sanktionen: Die Empfehlung sei „fehlerhaft, bedauerlich und ungerechtfertigt“. Israel betonte, man bemühe sich in Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen um humanitäre Hilfe, verwies aber zugleich darauf, dass die Hamas eine Krise inszeniere, um politischen Druck auszuüben.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) widerspricht dieser Darstellung deutlich: In Gaza herrsche eine „alarmierende Unterernährung“ unter der Zivilbevölkerung. Hilfsorganisationen kritisieren derweil den Luftabwurf als ineffektiv, teuer und potenziell gefährlich. „Eine sinnlose Initiative, die nach Zynismus riecht“, sagte Jean Guy Vataux von Ärzte ohne Grenzen.

Netanjahu beharrt auf Kriegsziele im Gazastreifen

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu erklärte unterdessen, sein Land werde weiterhin an seinen Kriegszielen festhalten – die Zerschlagung der Hamas und die Befreiung aller Geiseln. Vertreter Israels und der USA blieben einer UN-Konferenz zur Zweistaatenlösung demonstrativ fern. UN-Generalsekretär António Guterres warnte: „Wir stehen am Rande des Zusammenbruchs. Die Zweistaatenlösung ist weiter entfernt als je zuvor.“