Portugal

Seilbahn-Unglück in Lissabon: Deutsche Familie unter den Opfern

Bei dem Seilbahn-Unglück mit 17 Toten kam auch ein deutscher Familienvater ums Leben. Seine Frau wurde schwer verletzt, das gemeinsame Kind kam mit leichten Blessuren davon.

Portugal, Lissabon: Rettungskräfte arbeiten an der Stelle, an der eine Standseilbahn entgleist ist.
Portugal, Lissabon: Rettungskräfte arbeiten an der Stelle, an der eine Standseilbahn entgleist ist.Anadolu Zed Jameson/imago

Bei dem schweren Unglück mit der historischen Standseilbahn „Elevador da Glória“ in Lissabon ist auch ein deutscher Urlauber ums Leben gekommen. Mehrere portugiesische und deutsche Medien berichten unter Berufung auf Polizeikreise, dass es sich um einen Familienvater handelt, der gemeinsam mit seiner Frau und dem dreijährigen Sohn in der Bahn saß.

Die Frau überlebte demnach schwer verletzt und wurde laut einem Bericht des Senders CNN Portugal in kritischem Zustand in das Santa Maria Krankenhaus in Lissabon gebracht. Sie erlitt demnach Brüche im Arm und in der Wirbelsäule und wurde an beiden Beinen operiert, sei jedoch in stabilem Zustand. Das Kind wurde von einem Polizeibeamten aus den Trümmern gerettet. Es erlitt nur leichte Verletzungen und steht nun unter der Obhut der Behörden.

Einem Reuters-Bericht zufolge befinden sich unter den Verletzten vier Portugiesen, zwei Deutsche, zwei Spanier, ein Koreaner, ein Kapverdier, ein Kanadier, ein Italiener, ein Franzose, ein Schweizer und ein Marokkaner, sagte sie. Das Auswärtige Amt geht von mehreren deutschen Opfern aus. „Über die Anzahl gibt es derzeit noch keine verlässlichen Angaben“, hieß es auf dpa-Anfrage aus dem Ministerium in Berlin.

Die Kult-Bahn war innerhalb von Sekunden zur Todesfalle geworden: Bei der Entgleisung kamen im Zentrum der portugiesischen Hauptstadt 17 Menschen ums Leben. Zunächst wurde von 15 Opfern gesprochen. Angaben, in der Nacht seien zudem zwei Verletzte verstorben, korrigierten die Behörden später. Demnach gebe es 16 Todesopfer. 19 Verletzte wurden laut Berichten in Krankenhäuser gebracht, vier Verletzte reisten allein weiter. Portugal rief am Donnerstag einen Tag der Staatstrauer aus.

Lissabon: Wie kam es zu dem Unglück?

Das Unglück hatte sich am Mittwochabend gegen 19 Uhr Ortszeit ereignet, als ein Tragseil der beliebten Touristenattraktion riss. Der Wagen entgleiste, raste eine steile Straße hinunter und prallte mit voller Wucht gegen ein Wohnhaus. Augenzeugen schilderten dramatische Szenen: „Der Waggon traf ein Gebäude mit brutaler Kraft und fiel auseinander wie ein Pappkarton“, zitierte die Nachrichtenseite Sapo einen Anwohner. Eine Augenzeugin sagte gegenüber dem portugiesischen Nachrichtenportal SIC Notícias, die Bahn sei mit lautem Getöse entgleist, die abfallende Straße hinuntergerutscht und gegen ein Gebäude am Restauradores-Platz im Zentrum Lissabons gekracht. „Das war ohrenbetäubend, ich und andere Passanten sind weggerannt.“ Schnell seien Sanitäter und Polizisten an der Unfallstelle gewesen, erzählte die junge Frau.

Aufnahmen vom Unfallort, die rasch in den sozialen Medien kursierten, zeigten die straßenbahnähnliche Standseilbahn, die Menschen einen Hang in der portugiesischen Hauptstadt hinauf und hinunterbefördert, nahezu zerstört, und Rettungskräfte, die Menschen aus den Trümmern bergen.

Der Unfall des auch bei Touristen beliebten „Elevador da Glória“ habe sich am Mittwochabend aus noch unbekannter Ursache ereignet, berichteten lokale Medien.
Der Unfall des auch bei Touristen beliebten „Elevador da Glória“ habe sich am Mittwochabend aus noch unbekannter Ursache ereignet, berichteten lokale Medien.Armando Franca/AP

Riss ein Seil oder versagten die Bremsen?

Die Ursache? Bisher unbekannt. Experten vermuten, dass ein Seil gerissen sein könnte und vielleicht auch noch die Bremsen versagt haben. Vorwürfe, die Instandhaltung der Bahn sei womöglich nicht gut genug gewesen, wies der Betreiber, die Lissabonner Verkehrsgesellschaft Carris, zurück. „Die monatlichen und wöchentlichen Wartungsprogramme sowie die tägliche Kontrolle werden sorgfältig durchgeführt“, hieß es in einem Bericht. Trotzdem ließ die Stadtverwaltung von Lissabon den Betrieb aller drei Standseilbahnen aussetzen und ordnete sofortige Inspektionen an.

Die portugiesische Kriminalpolizei nahm Ermittlungen auf. Sie sei mit mehreren Beamten vor Ort gewesen, berichtete der Sender SIC Notícias. „Wir haben keine verlässlichen Hinweise, die auf kriminelle Aktivitäten als Ursache dieser Ereignisse hinweisen könnten“, sagte der Direktor der Kriminalpolizei von Lissabon, João Oliveira, laut dem Sender. Die Identifizierung der Opfer sei schwierig, da einige von ihnen Ausländer seien. Angaben zu den Nationalitäten wollte Oliveira SIC Notícias zufolge zunächst nicht machen.

Lissabons Bürgermeister Carlos Moedas sagte im Interview mit SIC Notícias: „Es ist ein schrecklicher Abend für Lissabon, sehr schrecklich.“ Weiter sprach er von einer für die Stadt „noch nie dagewesenen Tragödie“. Portugals Staatspräsident Marcelo Rebelo de Sousa äußerte sich laut portugiesischen Medienberichten bereits zu dem Unglück und sprach den Betroffenen sein Beileid aus. Er hoffe, dass der Unfall rasch aufgeklärt würde.

Lissabon: Standseilbahn entgleiste bereits zuvor

Die „Elevador da Glória“ verbindet in Lissabon den Restauradores-Platz mit dem Jardim de São Pedro de Alcântara im Bairro Alto über eine Strecke von etwa 265 Metern. Der Aufzug ist eine beliebte Touristenattraktion und seit dem Jahr 1885 in Betrieb.

Nach Angaben der portugiesischen Zeitung Público ist es nicht das erste Mal, dass der Glória-Aufzug entgleist, dennoch sei der aktuelle Vorfall der „schwerste Unfall aller Zeiten“. Beim letzten Mal, am 7. Mai 2018, führte dem Blatt zufolge ein schwerwiegender Wartungsfehler dazu, dass das Fahrzeug entgleiste, der Wagen jedoch nicht umkippte. Verletzte gab es nicht. Der Aufzug war daraufhin etwa einen Monat lang nicht in Betrieb.