Annexionsdrohungen der USA

Thronrede in Kanada: König Charles spricht von gefährlichster Zeit seit Zweitem Weltkrieg

König Charles III. warnt vor einem „kritischen Moment“ für Kanada – und spielt dabei auf Donald Trumps Annexionsdrohungen an. Die Rede gilt als Signal für einen außenpolitischen Kurswechsel.

Ottawa: Kanadas Premierminister Mark Carney (links) schaut zu, als König Charles im Senat in Ottawa seine Thronrede hält.
Ottawa: Kanadas Premierminister Mark Carney (links) schaut zu, als König Charles im Senat in Ottawa seine Thronrede hält.Zuma/imago

König Charles III. sieht Kanada inmitten von Annexionsdrohungen durch US-Präsident Donald Trump als Land am Scheideweg. „Wir müssen uns der Realität stellen: Seit dem Zweiten Weltkrieg war unsere Welt noch nie so gefährlich und instabil. Kanada steht vor Herausforderungen, die in unserem Leben beispiellos sind“, sagte das formelle Oberhaupt des Landes in seiner Thronrede bei der Eröffnung des neuen Parlaments in der Hauptstadt Ottawa.

Charles nahm damit Bezug auf Trumps feindselige Handlungen gegenüber Kanada, nannte diesen jedoch nicht beim Namen. Angesichts der Drohungen von Trump betonte Charles die Unabhängigkeit des Landes: „Demokratie, Pluralismus, Rechtsstaatlichkeit, Selbstbestimmungsrecht und Freiheit sind Werte, die den Kanadiern am Herzen liegen und zu deren Schutz die Regierung entschlossen ist“, sagte er am Dienstag in seiner Rede zur Eröffnung des Parlaments in Ottawa. Der britische König fügte hinzu, dass Kanada vor einem „kritischen Moment“ stehe.

König Charles schreitet am Gebäude des kanadischen Senats in Ottawa die Ehrengarde ab.
König Charles schreitet am Gebäude des kanadischen Senats in Ottawa die Ehrengarde ab.Ian Vogle/imago

König Charles: Kanada und USA starten neue Beziehungen

Die schnellen Veränderungen in der Welt seien jedoch auch eine „Chance für Kanada, die größte Transformation seiner Wirtschaft seit dem Zweiten Weltkrieg einzuleiten“, sagte Charles weiter. Kanadas Premier Mark Carney und US-Präsident Trump hätten begonnen, eine neue Wirtschafts- und Sicherheitsbeziehung zwischen Kanada und den Vereinigten Staaten zu gestalten. Der König betonte dabei, dass diese auf gegenseitigem Respekt der „beiden souveränen Nationen“ beruhe.

Die Rede selbst stellt formal die Erklärung der kanadischen Regierung und von Carney dar, die vom König lediglich verlesen wird. Geschrieben wurde die Rede vom Büro des Premierministers. Charles bekam langanhaltenden Applaus und Standing Ovations für die Ansprache.

Der Besuch gilt wegen der politischen Lage Kanadas im Streit mit seinem Nachbarn USA als besonders relevant. Trump hatte in den vergangenen Monaten immer wieder seinem Interesse an der Übernahme des Landes Ausdruck verliehen. Der US-Präsident hat wiederholt damit gedroht, Kanada zum 51. Bundesstaat der USA zu machen. Zudem betreibt er eine aggressive Zollpolitik gegenüber dem Nachbarland.

„Kanada ist bereit, eine Koalition von Nationen zu bilden“

Charles betonte, dass Kanada seinen außenpolitischen Kurs ändern werde: „Die Regierung arbeitet gleichzeitig daran, ihre Beziehungen zu verlässlichen Handelspartnern und Verbündeten zu stärken - im Wissen, dass Kanada das hat, was die Welt braucht, und die Werte verteidigt, die die Welt respektiert“. Auch diese Aussage ließ sich als Anspielung auf die zurzeit nicht verlässliche Partnerschaft mit dem Weißen Haus lesen.

„Kanada ist bereit, eine Koalition von Nationen zu bilden, die diese Werte teilen“, so Charles, der während der Rede auf einem Thron im Plenum saß. „Das wird sich bereits im Juni zeigen, wenn Kanada den G7-Gipfel ausrichtet.“

König Charles, Königin Camilla und Generalgouverneurin Mary Simon reisen im kanadischen Bundesstaat Landau zum Gebäude des kanadischen Senats in Ottawa.
König Charles, Königin Camilla und Generalgouverneurin Mary Simon reisen im kanadischen Bundesstaat Landau zum Gebäude des kanadischen Senats in Ottawa.Spencer Colby/imago

Erst dritte Thronrede - große symbolische Bedeutung

Der König war am Montag zusammen mit seiner Frau Camilla mit großem Pomp in der kanadischen Hauptstadt Ottawa empfangen worden. Pferde führten die Wagen-Eskorte des Monarchen am Dienstag zum Parlament des Landes, wo Soldaten zu Ehren Charles III. aufgereiht und Kanonenschüsse abgefeuert wurden.

Der Besuch von Charles III. in Kanada ist von großer symbolischer Bedeutung. Erstmals seit Jahrzehnten eröffnete der Monarch das Parlament in Ottawa - eine Aufgabe, die er in Großbritannien regelmäßig, in Kanada jedoch nur sehr selten wahrnimmt. Es ist erst das dritte Mal, dass ein Monarch in Kanada dies tut: Charles' Mutter, Queen Elizabeth II., sorgte 1957 für die Premiere und hielt die Rede auch 1977 noch einmal.

Kanada ist ein unabhängiger Staat, der die Monarchie im Rahmen des Commonwealth of Nations beibehalten hat. Der König ist als solcher durch die kanadische Verfassung anerkannt und verkörpert damit auch eine verfassungsrechtliche Verbindung zwischen Kanada und dem Vereinigten Königreich. Für Charles ist der Besuch auch eine Chance, bei den skeptischen Kanadiern für den Wert der Monarchie zu werben.

König Charles III. triff t National Chief of the Assembly of First Nations, Cindy Woodhouse.
König Charles III. triff t National Chief of the Assembly of First Nations, Cindy Woodhouse.Victoria Jones/dpa