Krieg in der Ukraine

„Katerstimmung“: Militärexperte erkennt Erschöpfungserscheinungen bei Ukrainern

Der österreichische Militärexperte Markus Reisner hat Videos aus den Kriegsgebieten analysiert. Sein Urteil: Die ukrainischen Truppen wirken ausgelaugt.

Die Ukrainer sind erschöpft, glaubt der Militärexperte Markus Reisner.
Die Ukrainer sind erschöpft, glaubt der Militärexperte Markus Reisner.AFP/Anatolii Stepanov

Der Militärexperte Markus Reisner hat den ukrainischen Truppen im Kampf gegen die russischen Invasoren Erschöpfungserscheinungen attestiert. „Die Wirtschaftssanktionen haben Russland nicht so hart getroffen, wie man sich das gewünscht hat. Jetzt herrscht Katerstimmung“, sagt Reisner. Wie der Experte im Interview mit der österreichischen Nachrichtenplattform Profil erklärt, schlagen sich etwa Meldungen über angebliche Deserteure auf die Moral der ukrainischen Armee nieder.

Zudem gebe es im Netz kaum noch Bilder von gefangen genommenen oder getöteten Russen. Wohl aber auf der ukrainischen Seite. „Es zirkulieren viele Videos von verwundeten, getöteten, gefangenen und demoralisierten Ukrainern“, erklärt Reisner. Viele von ihnen würden darin sagen, sie könnten ohne schwere Waffen nicht mehr weiterkämpfen. Kiew behaupte hingegen, die Videos seien gefälscht.

Zudem kursierten im Netz viele Videos von Russen, die vollbeladene Militärzüge heranbringen würden, jedoch keine derartigen Bilder von der ukrainischen Seite. Reisner glaubt: „Gäbe es das, hätten wir Videos davon gesehen.“

Erschießung von Deserteuren im ukrainischen Parlament diskutiert

Zu schaffen machen würden den ukrainischen Kräften auch Meldungen über vermeintliche Deserteure. Zuletzt habe es im ukrainischen Parlament die Überlegung gegeben, ob desertierende Soldaten militärgerichtlich verurteilt werden können. Im schlimmsten Fall sollte ihnen sogar eine Erschießung drohen. „Das wurde zwar nicht angenommen, ist aber ein Hinweis darauf, dass es tatsächlich vermehrt Deserteure gibt“, so Reisner.

Nach wochenlangen Kämpfen ordnete die Ukraine am Freitag den Rückzug ihrer Truppen aus der Großstadt Sjewjerodonezk an. Russland steht damit vor der Eroberung des gesamten Gebiets Luhansk im Osten der Ukraine.