40 Tage nach ihrem Tod

Trauer um Mahsa Amini: Proteste, Ex-Hertha-Star Ali Daei festgenommen (Videos)

Vor 40 Tagen starb Mahsa Amini. In ihrer Heimat Iran versammeln sich Trauernde. Ex-Hertha-Star Ali Daei wurde im Rahmen der Trauerfeier in Gewahrsam genommen.

Trauernde haben sich am Grab der Kurdin Mahsa Amini in ihrer Heimatstadt Saghes versammelt.
Trauernde haben sich am Grab der Kurdin Mahsa Amini in ihrer Heimatstadt Saghes versammelt.AFP/ESN

Zum Ende der 40-tägigen Trauerzeit haben sich im Iran Trauernde am Grab der jungen Kurdin Mahsa Amini versammelt. Tausende Männer und Frauen trafen sich auf dem Friedhof in Aminis Heimatstadt Saghes in der westlichen Provinz Kurdistan und skandierten „Frauen, Leben, Freiheit“ und „Tod dem Diktator“, wie online verbreitete Videos zeigten. 

Aktivisten zufolge hatten Sicherheitskräfte Aminis Familie zuvor gedroht, dass sie „um das Leben ihres Sohnes fürchten“ müsse, wenn auf dem Friedhof eine Zeremonie abgehalten werde. Von der in Norwegen ansässigen Menschenrechtsorganisation Hengaw geteilte Bilder zeigten eine starke Polizeipräsenz in Saghes. Sicherheitskräfte hatten versucht, den Zugang zur Stadt abzuriegeln.

Auf einem weiteren im Internet geteilten Video, das zunächst nicht von unabhängiger Stelle geprüft werden konnte, waren die Rufe „Kurdistan, Kurdistan, der Friedhof der Faschisten“ zu hören.

„Keine Zeit für Trauer, sondern für Wut“

Amini war am 16. September in Teheran gestorben, nachdem sie dort drei Tage zuvor von der Sittenpolizei wegen des Vorwurfs festgenommen wurde, ihr Kopftuch nicht den Vorschriften entsprechend getragen zu haben. Aktivisten beschuldigen die Behörden, Amini misshandelt zu haben.

„Es ist keine Zeit für Trauer, sondern für Wut“, hieß es in einem im Netz geteilten Schreiben. Im schiitischen Iran wird nach dem Tod eines Familienmitglieds traditionell 40 Tage lang getrauert. Aminis Tod hatte eine Protestbewegung gegen die Führung in Teheran ausgelöst, die seither trotz des gewaltsamen Vorgehens der iranischen Sicherheitskräfte andauert. Nach Angaben von Menschenrechtlern wurden mehr als zehntausend Menschen verhaftet und mindestens 240 getötet.

Ex-Hertha-Star Ali Daei „festgehalten“

„Die Städte Sanandadsch, Saghes, Divandarreh, Mariwan und Kamjaran in der Provinz Kurdistan befinden sich im Generalstreik“, erklärte Hengaw im Kurzbotschaftendienst Twitter. Der Menschenrechtsorganisation zufolge waren auch der frühere Bayern- und Hertha-BSC-Spieler Ali Daei sowie der im Iran aktive Fußballspieler Hamed Lak nach Saghes gereist, um an der Beerdigung teilzunehmen. Daei hatte nach seiner Einreise in den Iran vorübergehend seinen Pass abgeben müssen, da er die Protestbewegung online unterstützt hatte.

Am Dienstagabend soll er sich gemeinsam mit Lak in einem Hotel aufgehalten haben. Daei und Lak seien dann von Sicherheitskräften in ein Gästehaus der Regierung gebracht und dort unter Sicherheitsaufsicht gestellt worden. Wie in einem Video zu hören ist, sollen die Sicherheitskräfte das Feuer auf die vor dem Hotel versammelten Einwohner eröffnet haben.

Teheran: Tränengas gegen demonstrierende Ärzte eingesetzt

In Teheran ist die Polizei mit Tränengas gegen eine Demonstration von Ärzten vorgegangen. Die Mediziner demonstrierten am Mittwoch gegen die Präsenz von Sicherheitskräften in den Kliniken, wo auch Teilnehemerinnen und Teilnehmer der Proteste behandelt werden. Augenzeugen bestätigten ein massives Aufgebot von Polizisten und Kontrollen an den Hauptstraßen in Teheran. Viele Läden waren aus Sorge vor Ausschreitungen geschlossen.

Am Dienstag, bei einem Vortrag in der religiösen Hochburg Ghom ist Regierungssprecher Bahadori Dschahromi erneut ausgebuht worden. Studierende riefen Sprechchöre bei seinem Besuch an einer Universität, wie die iranische Zeitung Hammihan berichtete. Auch der Protestslogan „Frau, Leben, Freiheit“ sei gerufen worden. Die Stadt Ghom südlich der Hauptstadt Teheran gilt als schiitisches Zentrum der religiösen Elite im Iran. Bereits am Montag war Dschahromi von Studierenden ausgebuht worden.

Baerbock prangert sich verschlechternde Menschenrechtslage an

Am Mittwoch hat Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) die sich mit jedem Tag verschlechternde Menschenrechtslage im Iran angeprangert. „Tag für Tag verschlechtert sich die Menschenrechtslage in Iran, gehen die Sicherheitskräfte brutaler gegen die Frauen und Männer auf der Straße vor, die nichts anderes einfordern als ihre universellen Menschenrechte“, erklärte Baerbock in Berlin.

Die systematische Unterdrückung von Frauen und ethnischen, religiösen und sexuellen Minderheiten im Iran sei nicht neu – „aber sie erreicht im Moment eine beispiellose neue Härte“, erklärte die Ministerin. Auch für deutsche Staatsangehörige werde die Lage im Iran immer gefährlicher.

Mit einem Staat, „der derart menschenverachtend mit seinen eigenen Bürgerinnen und Bürgern umgeht“, könne es kein „Weiter so“ in den bilateralen Beziehungen geben, betonte Baerbock. Die Sanktionen, die Deutschland deshalb gemeinsam mit seinen europäischen Partnern auf den Weg gebracht habe, seien ein erster Schritt.

(mit AFP, dpa)