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Igor Levit im Gespräch mit Robert Habeck über Antisemitismus: „Ich erlebe Teilnahmslosigkeit“

Warum reagieren so viele Menschen teilnahmslos auf die Angriffe der Hamas auf Israel? Warum gibt es so wenig Solidarität mit Juden in Deutschland? Igor Levit äußert sich.

Igor Levit im Gespräch mit Robert Habeck, veröffentlicht am 9. November 2023.
Igor Levit im Gespräch mit Robert Habeck, veröffentlicht am 9. November 2023.Screenshot YouTube/Bundeswirtschaftsministerium

Nach Robert Habecks Erklärvideo über die deutsche Staatsräson und Deutschlands historische Pflicht, Israel beiseite zu stehen, hat der Wirtschaftsminister erneut mit einem Video auf die Debatte um wachsenden Antisemitismus in Deutschland reagiert. In einem neuen Video, das heute, am 9. November 2023, aus Anlass des Gedenkens an die Reichspogromnacht der deutschen Nationalsozialisten von 1938 veröffentlicht wurde, sieht man den Wirtschaftsminister Robert Habeck, wie er mit dem deutsch-jüdischen Pianisten Igor Levit über die Bedrohungslage der Juden in Deutschland spricht.

Der Künstler zeigt sich enttäuscht darüber, dass so wenige Menschen in Deutschland sich solidarisch zeigten mit ihren jüdischen Mitbürgern. Am Anfang macht Levit klar, dass der Angriff der Hamas vom 7. Oktober kein Angriff auf Israel war, sondern ein Angriff auf Juden. Er galt also allen Juden weltweit. Es sei das schlimmste Pogrom seit der Shoah gewesen. 

Der Judenhass, der seitdem in Deutschland ausbrechen würde, sei schockierend und würde in seiner Form alle schlimmsten Befürchtungen übersteigen. Er komme von allen Seiten. Von Rechtsextremen, von radikalpolitischen Islamisten, von der linken Szene. Das sei aber nicht das einzige Problem. „Diese große Teilnahmslosigkeit in so großen Teilen der Mitte der Gesellschaft empfinde ich als bestürzend.“

Wenn es um andere Krisen ging, gab es von dieser Mitte der Gesellschaft immer Zeichen der Solidarität. „Und was ist jetzt? Jetzt sagt man mir: ‚Es ist kompliziert. Na ja, die Israel-Thematik ist so vielschichtig.‘“ Igor Levit protestiert gegen solche Formulierungen. „Mach mich nicht zum Israeli. Ich bin Jude in Deutschland, mit allem, was dazugehört. (...) Und ich erlebe Teilnahmslosigkeit, das ist der eigentlich schlimme Bruch.“

Igor Levit: Sein Leben als Jude sei schlechter geworden

Im Gespräch mit seinen muslimischen Freunden stelle er fest, dass man kontroverse Gespräche durchaus führen könne, aber nur wenn man sie auf Basis von Fakten führt. „Das Massaker vom 7. Oktober war ein Massaker an Juden.“ Auf dieser Basis könne er mit jedem und jeder offen sprechen. „Wo findet das Leiden statt? Auch in Gaza.“ Es würden unschuldige Menschen in diesen Konflikt gezogen und müssten sterben, sie verlieren alles.

Im nächsten Teil spricht Igor Levit über seine persönliche Bedrohung, über die Bedrohung für jüdisches Leben in Deutschland. „Das jüdische Leben in Deutschland, ja weltweit ist in Gefahr.“ Dann sagt er noch: „Ein sehr substantieller Teil meines Sicherheitsgefühls ist verloren gegangen. (...) Kein Ereignis der Welt hat mich so sehr zum Juden gemacht wie dieses.“ Sein Leben als Jude sei schlechter geworden in den vergangenen 23 Jahren. Er erlebe jetzt bei sehr vielen Menschen eine große Kälte. Es sei eine politische und gesellschaftliche Aufgabe, dass man so sich nicht fühlen müsse.

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