Verteidigung

Wehrbeauftragte Högl will 200 Milliarden Euro zusätzlich für Bundeswehr

Eva Högl, mögliche künftige Verteidigungsministerin, stellt eine massive Aufstockung des Bundeswehr-Sondervermögens zur Diskussion.

„Man bräuchte 300 Milliarden Euro“, meint die Wehrbeauftragte Eva Högl.
„Man bräuchte 300 Milliarden Euro“, meint die Wehrbeauftragte Eva Högl.dpa/Christophe Gateau

Berlin-Angesichts des unerbittlichen russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hält die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl, das Sondervermögen für die Bundeswehr von 100 Milliarden Euro für zu gering.

„Wir erheben keine eigenen Zahlen, aber von Expertinnen und Experten sowie aus der Truppe höre ich: Man bräuchte 300 Milliarden Euro, um in der Bundeswehr signifikant etwas zu verändern. Das scheint mir nicht aus der Luft gegriffen zu sein“, sagte die SPD-Politikerin der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS).

Allein für die Beschaffung von Munition werden nach ihren Worten mindestens 20 Milliarden Euro benötigt. „Neue Fregatten, Panzer oder F-35-Kampfflugzeuge kosten ebenfalls Milliarden, und da haben wir noch nicht über Personalkosten, die energetische Gebäudesanierung, die notwendigen 50 Milliarden Euro Investitionen in Infrastruktur und auch nicht über die Inflation gesprochen.“ Weiter sagte Högl, die weitere Unterstützung der Ukraine mit Waffen und Munition gehe „nicht ohne neue Fertigungskapazitäten“.

Auch FDP und Grüne wollen mehr Geld für die Bundeswehr

Unterstützung erhielt sie von Verteidigungsexpertinnen von Grünen und FDP. Wer Frieden wolle, müsse „auch in Sicherheit investieren“, verlangte die Grünen-Politikerin Sara Nanni in der FAS. „In den nächsten Jahren müssen wir die Produktion hochfahren.“ Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), verwies auf Nachschubprobleme bei Munition aus der Schweiz und folgerte: „Die Herstellung von Munition gehört in eines der Nato-Länder oder nach Deutschland.“

Ischinger drängte in der Welt am Sonntag auf die rasche Lieferung von mehr Munition in die Ukraine. Diese „verschießt notgedrungen pro Tag so viel Munition, wie bei uns in einem halben Jahr produziert wird. Das Ende unserer Vorräte ist absehbar“, warnte der frühere Diplomat. Er halte daher den Aufbau einer Kriegswirtschaft für nötig, sagte Ischinger. Dies bedeute, „dass wir – in der Nato und europäisch koordiniert – die Initiative ergreifen und die europäischen Rüstungsfirmen auffordern, kriegsbedingt mehr Waffen und mehr Munition herzustellen“.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell pflichtete bei: „Unsere Mitgliedstaaten müssen mehr ausgeben, aber das auch besser machen. Und wir müssen es zusammen tun.“

Nato will die Waffenproduktion hochfahren

Hintergrund sind auch entsprechende Forderungen von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Man müsse „die Produktion hochfahren, um die Vorräte der Alliierten aufzufüllen und um sicherzustellen, dass wir die Ukraine lange weiter versorgen können“, verlangte er ebenfalls in der FAS. Stoltenberg wies darauf hin, dass die Ukraine für die Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg „eine enorme Menge Munition“ verbrauche. Aus der Nato wird daher der Aufbau kompletter neuer Rüstungsfabriken gefordert.

Der Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall setzt dies dem Bericht zufolge bereits um. Laut FAS will das Unternehmen kommende Woche den Bau eines neuen Munitionswerks im ungarischen Várpalota bekannt geben. Von 2024 an solle dort 30-Millimeter-Munition hergestellt werden. Ein weiteres Werk entstehe im niedersächsischen Unterlüss.

Das 100-Milliarden-Sondervermögen war im Juni mit einer Grundgesetzänderung bereitgestellt worden. Laut Verteidigungsministerium sollen damit große Lücken nach jahrzehntelangem Sparen geschlossen werden.