Im Fall der gesunkenen Luxusjacht „Bayesian“ vor Sizilien ermittelt die örtliche Staatsanwaltschaft nun wegen vorsätzlichen Schiffbruchs und Totschlags. Das teilte der Oberstaatsanwalt von Termini Imerese, Ambrogio Cartosio, am Samstag auf einer Pressekonferenz mit. Bislang richten sich die Ermittlungen aber nicht konkret gegen den Kapitän oder andere Mitglieder der Crew, sagte Cartosio.
Die mit zehn Besatzungsmitgliedern und zwölf Passagieren besetzte Segeljacht „Bayesian“ war in der Nacht zum Montag in der Nähe von Porticello vor der Küste Siziliens in einem Sturm gesunken. 15 Passagiere und Besatzungsmitglieder konnten gerettet werden, sieben starben, darunter der Milliardär Mike Lynch und seine Tochter Hannah.

„Bayesian“ im Sturm von einer Fallböe getroffen
Nach Erkenntnissen der Ermittler wurde die „Bayesian“ frühmorgens bei einem Sturm mit Windgeschwindigkeiten von mehr als 100 Kilometern pro Stunde von einer sogenannten Fallböe (auf englisch: Downhurst) getroffen.
Fallböen entstehen laut Deutschem Wetterdienst, wenn kalte Luft in einem Gewitter nach unten fällt, auf den Boden trifft und sich dort in linearer Richtung ausbreitet. Aus nächster Nähe sehen sie demnach oft wie eine „weiße Wand“ aus, die sich rasend schnell bewegt. Da sie meist größere Flächen beträfen als Tornados, könnten sie häufig sogar mehr Schäden anrichten als diese.
Unklar ist noch, warum genau die „Bayesian“ sank – und andere Boote in der Umgebung dem Sturm standhielten. Der neuseeländische Kapitän sagte aus, vom Ausmaß des Unwetters überrascht worden zu sein. Mehrere Experten vertreten hingegen die Meinung, dass Fehler gemacht wurden und das Schiff auf den heraufziehenden Sturm nicht richtig vorbereitet wurde.
Eine wichtige Frage bei den Ermittlungen ist etwa, ob der Hubkiel der „Bayesian“ ausgefahren war oder nicht – und das Schiff deshalb vielleicht nicht stabil genug im Wasser lag. Der Chef der italienischen Werft Perini Navi, bei der die Luxusjacht gebaut wurde, vermutete, dass durch offene Türen, Bullaugen oder Luken möglicherweise viel Wasser in das Schiff eindringen konnte.
Staatsanwalt: Passagiere schliefen wohl zum Zeitpunkt des Untergangs
Bentivoglio Fiandra, Chef der Feuerwehr von Palermo und Mitglied des Taucherrettungsteams, erklärte auf der Pressekonferenz, dass die „Bayesian“ mit dem Heck voran gesunken sei und sich dann auf die rechte Seite gerollt habe. Die Opfer hätten daraufhin Zuflucht auf der linken Seite des Bootes, wo sich beim Sinken des Schiffes die letzten Lufteinschlüsse befanden.
Staatsanwalt Raffaele Cammarano erklärte auf der Pressekonferenz, dass der Grund dafür, dass sich bis auf den Koch der Jacht fast die gesamte Besatzung in Sicherheit bringen konnte, die Passagiere jedoch nicht, wahrscheinlich darin liege, dass die Passagiere zum Zeitpunkt des Vorfalls schliefen.
„Bayesian“ gesunken: Hoffnung auf Blackbox
Aufschluss erhoffen sich die Ermittler von der sogenannten Blackbox der 56 Meter langen Luxusjacht, die allerdings noch nicht entdeckt wurde. Zudem will die Staatsanwaltschaft vor einer Ausweitung der Ermittlungen die Bergung des Schiffs abwarten, das etwa einen Kilometer vor dem kleinen Hafen Porticello in 50 Metern Tiefe auf dem Meeresgrund liegt.
