Vor seinem Besuch in Israel und den Palästinensergebieten hat Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) eindringlich vor einer Annexion palästinensischer Gebiete gewarnt. „Es gibt immer wieder Politiker in Israel, die sagen, wir annektieren das. Die Knesset hat es gerade beschlossen. Das geht natürlich nicht“, sagte Wadephul dem Nachrichtenportal Politico. Deutschland stehe fest zur Zwei-Staaten-Lösung und lehne „illegale Siedlungen im Westjordanland“ klar ab.
Wadephul forderte die Regierung in Jerusalem zudem auf, den Vereinten Nationen und internationalen Hilfsorganisationen einen sicheren Zugang zum Gazastreifen zu ermöglichen. Auch die dortige Versorgung müsse gewährleistet sein: Es gehe um eine „sichere und effektive Verteilung“ humanitärer Hilfe, so Wadephul am Donnerstag in Berlin.
Er werde in seinen Gesprächen in Israel nachdrücklich darauf dringen, dass „sofort, umfassend und nachhaltig“ Abhilfe bei der humanitären Katastrophe in Gaza geschaffen werde. Zudem sprach sich der Außenminister erneut für eine politische Lösung mit einer Zwei-Staaten-Perspektive aus – einschließlich der Anerkennung eines palästinensischen Staates am Ende eines Friedensprozesses.
Wadephul begann am Donnerstag einen zweitägigen Besuch in der Region. In Tel Aviv sind Gespräche mit seinem israelischen Amtskollegen Gideon Saar geplant. Am Freitag will der CDU-Politiker in Jerusalem Vertreter der Vereinten Nationen treffen und anschließend in Ramallah mit der palästinensischen Autonomiebehörde sprechen.
Waffenruhe, Geiseln und Hilfe für Gaza
Mit Blick auf den Gazakrieg nannte Wadephul als „Hauptziel“ seiner Reise eine Waffenruhe. Zugleich forderte er mehr humanitäre Hilfe für die notleidende Bevölkerung im Gazastreifen: „Die Zahl der Opfer im Gazastreifen ist zu groß. Wir brauchen dort eine Erleichterung für die Menschen“, sagte er im Politico-Podcast Playbook.
Ein weiteres zentrales Thema ist die Freilassung der noch immer im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln. „Es gibt immer noch 50 Menschen, die fehlen“, erklärte Wadephul mit Blick auf die Entführungen durch die Hamas am 7. Oktober 2023. Etwa 20 von ihnen seien vermutlich noch am Leben. Ihre Befreiung habe oberste Priorität. Nach Angaben des Auswärtigen Amts befindet sich unter den Geiseln auch eine einstellige Zahl deutscher Staatsangehöriger.
Hilfsorganisationen fordern Krisengipfel im Kanzleramt
Parallel zur Reise des Ministers haben 13 international tätige Hilfsorganisationen die Bundesregierung zu einem humanitären Krisengipfel im Kanzleramt aufgerufen. Angesichts der katastrophalen Lage im Gazastreifen müsse über „tatsächlich wirksame Maßnahmen“ gesprochen werden, um das Leid der Zivilbevölkerung zu lindern und die drohende Hungersnot zu stoppen, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung vom Donnerstag.
Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem Save the Children, Ärzte ohne Grenzen, Caritas, Care, Oxfam, die Welthungerhilfe und Aktion gegen den Hunger. Die Organisationen berichten von mangelernährten Kindern, erschöpften Helferinnen und Helfern, zerstörter Infrastruktur und Angriffen auf Gesundheitseinrichtungen. In diesem Kontext übten sie scharfe Kritik an der von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) angekündigten Luftbrücke für Hilfsgüter – diese sei „gefährlich“ und „ineffizient“ und erreiche nicht die Bedürftigsten.
Kritik an israelischer Blockadepolitik
Die Hilfswerke betonten, eine umfassende Versorgung der Bevölkerung sei möglich. „Die Infrastruktur ist vorhanden, die Hilfsgüter sind vorhanden, und wir als Organisationen stehen bereit.“ Was fehle, sei der politische Wille, insbesondere die Blockade des Gazastreifens durch die israelische Regierung zu beenden. In ihrer Erklärung forderten die Organisationen die Bundesregierung außerdem zu mehr diplomatischem Engagement für einen „sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand“ auf. (mit AFP)


