Nahost

„Wahlloses Töten“: Immer mehr israelische Soldaten weigern sich, im Gazakrieg weiterzukämpfen

Israelische Soldaten berichten, wie Palästinenser erschossen werden, obwohl von ihnen keine Bedrohung ausgeht. Die 200 Kritiker hätten eine Petition unterschrieben. Weitere sollen folgen.

Israelische Soldaten an der Grenze zum Gazastreifen
Israelische Soldaten an der Grenze zum GazastreifenIlia Yefimovich/dpa

Internationale Menschenrechtsgruppen werfen Israel Kriegsverbrechen und Völkermord im Gazastreifen vor. Der Internationale Gerichtshof untersucht die von Südafrika erhobenen Vorwürfe. Zudem häufen sich Berichte über israelische Soldaten, die aufgrund der Vorgehensweise der Armee (IDF) im Gazastreifen nicht mehr weiterkämpfen wollen. Die Nachrichtenagentur Associated Press (AP) sprach mit sieben Soldaten, die sich demnach weigern, weitere Befehle entgegenzunehmen.

Sie hätten der AP berichtet, dass Palästinenser „wahllos getötet“ und ihre „Häuser zerstört“ würden. Mehrere der Soldaten hätten zudem behauptet, sie hätten den Befehl erhalten, Häuser niederzubrennen oder abzureißen, obwohl sie keine Bedrohung darstellten. Sie seien außerdem Zeugen geworden, wie Soldaten Häuser plünderten und verwüsteten.

Die humanitäre Katastrophe für die palästinensische Zivilbevölkerung hat scharfe Kritik am Vorgehen Israels ausgelöst.
Die humanitäre Katastrophe für die palästinensische Zivilbevölkerung hat scharfe Kritik am Vorgehen Israels ausgelöst.Ariel Schalit/AP/dpa

Israelischer Offizier: „Es ist Teil der Politik, Palästinenser nicht als Menschen zu sehen“

Yotam Vilk, der einzige Soldat, der in dem Bericht namentlich genannt wird, kann die Bilder nicht vergessen, als ein unbewaffneter palästinensischer Teenager im Gazastreifen erschossen worden sei. Der Offizier einer israelischen Panzertruppe sagte, die Anweisung sei gewesen, auf jede unbefugte Person zu schießen, die eine von Israel kontrollierte Pufferzone in Gaza betritt. Er habe gesehen, wie mindestens ein Dutzend Menschen getötet wurde. Der Jugendliche sei seinen Aussagen zufolge erschossen worden, weil man ihn als Teil einer größeren Geschichte sah. „Als Teil der Politik, dort zu bleiben und Palästinenser nicht als Menschen zu sehen“, so der 28-jährige Vilk gegenüber AP.

Vilk gehöre dem Bericht zufolge zu einer wachsenden Zahl israelischer Soldaten, die sich gegen den 15 Monate andauernden Konflikt aussprechen und sich weigern, weiter zu dienen. Sie rechtfertigen ihre Entscheidung damit, Dinge gesehen oder getan zu haben, die ethische Grenzen überschritten hätten. Obwohl die Bewegung noch klein sei – etwa 200 Soldaten sollen bisher einen Brief unterzeichnet haben – sagen die Soldaten, dass dies nur die Spitze des Eisbergs sei. Es gebe wohl noch viele andere, die sich nur nicht trauen würden, sich zu melden. In der Petition betonen sie, dass sie die Kämpfe einstellen werden, wenn die Regierung keinen Waffenstillstand zustande bringt. Außerdem wollen sie versuchen, weitere dazu zu bringen, an die Öffentlichkeit zu gehen.

Gazakrieg: Berichte über Durchbruch bei Geiselabkommen

Der Protest der Soldaten kommt zu einer Zeit, in der der Druck auf Israel und die Hamas zunimmt, die Kämpfe einzustellen. Berichten vom Montag zufolge wurde bei den Gesprächen in Katar über einen Waffenstillstand und ein Geiselabkommen im Gazastreifen über Nacht ein bedeutender Durchbruch erzielt. Israelische Beamte teilten mehreren Medien mit, eine Einigung könne kurz bevorstehen. Demnach wurde in der katarischen Hauptstadt Doha ein Drei-Stufen-Plan ausgearbeitet.

In den frühen Morgenstunden hätte es gute Gespräche zwischen dem israelischen Verhandlungsteam, dem Premierminister Katars und dem Nahost-Gesandten des designierten US-Präsidenten Donald Trump, der sich kurz zuvor den Verhandlungen angeschlossen hatte, gegeben. Neben Trump hätten auch US-Präsident Joe Biden und die Chefs der israelischen Geheimdienste Mossad und Schin Bet an dem Gespräch teilgenommen. Alle Seiten würden eine Einigung vor Trumps Amtseinführung am 20. Januar anstreben, hieß es.