Am 16. Oktober werden in Friedrichshain-Kreuzberg zusätzliche Stolpersteine verlegt, um an die Opfer des Nationalsozialismus zu erinnern. Das teilt das Bezirksamt am Mittwoch mit. Mit den Stolpersteinen wird an die letzten freiwillig gewählten Wohnorte von Menschen erinnert, die von den Nationalsozialisten verfolgt wurden. Im Bezirk gibt es bereits mehr als 1050 dieser Gedenksteine.
Die Verlegungszeremonie beginnt um 11.05 Uhr in der Mollstraße 31-32. Hier werden fünf Stolpersteine verlegt, die an Moses, Bertha, Alfred, Herbert und Margot Blum erinnern. Moses Blum, geboren 1887 in Mościska (heute Ukraine), wanderte nach Berlin aus und betrieb zusammen mit seiner Frau Bertha ein Lebensmittelgeschäft. Moses Blum wurde am 28. Oktober 1938 im Rahmen der sogenannten „Polenaktion“ aufgrund seiner polnischen Staatsangehörigkeit verhaftet, über die polnische Grenze nach Zbąszyń abgeschoben und dort interniert.
Im August 1939 leisteten auch Bertha und die Kinder, die ebenfalls polnische Staatsangehörige waren, ihrer Ausweisung aus Deutschland Folge: Margot wanderte mit einem Kindertransport nach England aus. Bertha und die beiden Söhne folgten Moses Blum nach Zbąszyń. Die Hoffnung, Alfred und Herbert von Polen aus ebenfalls nach England schicken zu können, wurde nicht mehr erfüllt. 1940 lebte die Familie in Lublin, später zogen sie in Moses Blums’ Geburtsstadt Mościska. Von dort erhielt die Tochter Margot in England 1942 das letzte Lebenszeichen. Danach verliert sich die Spur ihrer Eltern und Brüder. Sie wurden zu einem unbekannten Zeitpunkt ermordet.
Stolpersteine für Familie Nossen in der Jessnerstraße
Um 11.50 Uhr werden in der Jessnerstraße 10 Stolpersteine für Siegfried, Berta und Horst Nossen verlegt. Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann wird an dieser Verlegung teilnehmen. Siegfried Nossen war ein jüdischer Zigarrenmacher, seine Familie lebte in Berlin. Horst Nossen wurde wegen seiner Beziehung zu einer „arischen“ Frau verhaftet und kam später im Strafgefangenen-Lager Neusustrum ums Leben. Seine Eltern Siegfried und Berta Nossen waren bereits am 19. Januar 1942 mit dem sogenannten „9. Osttransport“ von Berlin in das Ghetto Riga deportiert worden. Hier verliert sich ihre Spur. Sie wurden zu einem unbekannten Zeitpunkt ermordet.
Die nächste Verlegung findet um 13.25 Uhr in der Neuenburger Straße 1 statt, in Gedenken an Martha, Hildegard und Tana Mamlok sowie Rosa Peiser. Die Familie Mamlok lebte bis zu ihrer Deportation in der Neuenburger Straße 3 in Kreuzberg nahe dem Belle-Alliance-Platz (heute Mehringplatz). Dieses Haus gibt es heute nicht mehr. Es wurde im Zweiten Weltkrieg bei einem Luftangriff der Alliierten zerstört. Martha Peiser führte ein Geschäft, nachdem ihr Mann und ihr Schwager verstorben waren. Tochter Eva war in der Widerstandsbewegung aktiv und wurde im Frauen-KZ Moringen inhaftiert. Sie wurde später nach Riga und dann ins KZ Stutthof deportiert und dort ermordet. Evas Schwester Hildegard starb vermutlich an Tuberkulose, ihre Tochter Tana wurde nach Auschwitz-Birkenau deportiert und ermordet.
Stolpersteine für Hermann und Paula Pazer am Fraenkelufer
Um 14.05 Uhr wird am Fraenkelufer 36 mit zwei Stolpersteinen an Hermann und Paula Pazer erinnert. Hermann Pazer, geboren 1884 in Warschau, wurde im Rahmen der „Polenaktion“ nach Polen abgeschoben, wo ihm seine Familie folgte. Sie wurden ins Warschauer Ghetto eingesperrt und dort ermordet. Die Tochter Romana wurde nach Kowno deportiert und erschossen. Der Sohn Josef emigrierte nach Palästina.

