Migration

Einigung auf „Ruanda-Modell“: EU will Abschiebungen an Drittstaaten erleichtern

Asylsuchende sollen künftig einfacher in Drittstaaten abgeschoben werden, zu denen sie kein sogenanntes Verbindungselement haben. Keine Einigung gab es indes bei der Liste für sichere Herkunftsländer.

Ein Flugzeug startet vom Flughafen Leipzig/Halle mit 81 Menschen an Bord, um diese in ihr Herkunftsland zurückzubringen.
Ein Flugzeug startet vom Flughafen Leipzig/Halle mit 81 Menschen an Bord, um diese in ihr Herkunftsland zurückzubringen.Jan Woitas/dpa

Die EU hat die Grundlage für eine deutlich verschärfte Abschiebepolitik geschaffen. Deutschland und andere EU-Staaten sollen Asylsuchende künftig auch in Länder bringen dürfen, zu denen die Betroffenen keine Verbindung haben, wie aus einer Einigung von Vertretern der Mitgliedsländer und des Europaparlaments hervorgeht. Gleichzeitig sollen Asylsuchende die über einen sicheren Drittstaat eingereist sind, leichter abgelehnt werden. Ziel sei es, Asylverfahren effizienter zu machen, indem mehr Asylanträge als unzulässig erklärt werden können.

Bislang war es nötig, dass Asylsuchende eine enge Verbindung zu einem solchen Drittstaat haben, etwa durch Familienangehörige oder einen längeren Aufenthalt. Dem Vorschlag der EU-Staaten nach könnte es künftig schon reichen, wenn ein Abkommen zwischen einem Mitgliedstaat und dem Drittstaat besteht. Bekannt ist dieser Vorschlag unter dem Namen „Ruanda-Modell“, nach dem Abkommen zwischen dem Vereinigten Königreich und Ruanda. Die EU verwendet dies jedoch nicht als offizielle Bezeichnung.

Ausnahme für unbegleitete Minderjährige

Schutzsuchende können demnach auch in Länder abgeschoben werden, in denen sie noch nie waren und zu denen sie keine familiäre, kulturelle oder sonstige Bindung haben. Dieses sogenannte Verbindungselement wird optional. Für unbegleitete Minderjährige gibt es hingegen die von den EU-Staaten geforderte Ausnahme. Für sie bleibt ein verbindendes Element zum Land, in das sie abgeschoben werden sollen, eine notwendige Bedingung.

Der Umgang mit dem sogenannten Verbindungselement stand schon im vergangenen Jahr bei den Verhandlungen über die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) zur Debatte. Die Grünen, Teil der damals regierenden Ampel-Koalition in Deutschland, hatten eine Streichung stets abgelehnt.

Festgehalten wurde schließlich, dass das Verbindungselement als notwendige Bedingungen nach einer Zeit erneut überprüft werden soll – zunächst aber verpflichtend bleibt. Noch bevor die europäische Asylreform Mitte nächsten Jahres Anwendung findet, wird diese Notwendigkeit für Abschiebungen in Drittstaaten nun abgeschafft.

Die neuen Regeln sollen ab dem 12. Juni 2026 gelten, parallel zur Asylverfahrensverordnung. Die Gesetzesänderung muss jedoch noch vom EU-Parlament und den EU-Staaten bestätigt werden. Normalerweise ist das Formsache, wenn sich die Unterhändler der Institutionen zuvor auf einen Kompromiss geeinigt haben.

Noch keine Einigung bei sicheren Herkunftsstaaten

Neben der sogenannten Drittstaatenlösung haben Vertreter von EU-Staaten und Europaparlament auch über eine EU-weit geltende Liste sicherer Herkunftsstaaten verhandelt. Dem Vorschlag nach sollen Menschen dadurch etwa schneller nach Marokko, Tunesien oder Ägypten abgeschoben werden können. Dazu sollen auch das Kosovo, Kolumbien sowie die südasiatischen Staaten Indien und Bangladesch zur Liste hinzugefügt werden.

Grundsätzlich sollen Länder, die Kandidaten für einen EU-Beitritt sind, ebenfalls als sicher gelten. Dazu würden dann etwa Albanien, Montenegro oder die Türkei gehören. Hierzu konnte am Abend noch keine Einigung erzielt werden.