Technik

Wirbel in den USA: Chinas neuer KI-Assistent DeepSeek überholt ChatGPT

Ein KI-Assistent aus China springt in den USA an die Spitze der App-Charts von Apple. Das sorgt an der Börse für Aufregung und den Ausverkauf von US-Aktien.

Der KI-Chatbot des chinesischen Unternehmens DeepSeek ist an die Spitze der Download-Charts des Apple Stores geklettert.
Der KI-Chatbot des chinesischen Unternehmens DeepSeek ist an die Spitze der Download-Charts des Apple Stores geklettert.Greg Baker/AFP

Der Popularitätsschub einer chinesischen App für Künstliche Intelligenz (KI) hat einen Ausverkauf von Aktien großer US-Technologieunternehmen ausgelöst. Die neue Technik des Herstellers DeepSeek kletterte in den USA überraschend auf Platz 1 der Downloads in Apples Plattform App Store. Den Rivalen ChatGPT des US-Anbieters OpenAI verwies sie damit auf Rang 2. Als Reaktion darauf zeichneten sich am Montag hohe Kursverluste für US-amerikanische Technologiefirmen ab.

Für den technologielastigen US-Index Nasdaq 100 wurde am Mittag ein Minus von fünf Prozent prognostiziert. Der deutsche Leitindex Dax fiel bis zum Mittag um 1,42 Prozent auf 21.090,43 Punkte, nachdem er noch am Freitagvormittag mit 21.520 Punkten einen weiteren Höchststand erreicht hatte. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 büßte 1,6 Prozent ein. Der Aktienkurs des niederländischen Chipherstellers ASML fiel um mehr als zehn Prozentpunkte, während die Aktien von Siemens Energy, das Hardware für KI herstellt, um 21 Prozentpunkte einbrachen.

Produktionskosten: DeepSeek-Produkt R1 deutlich günstiger als US-Modelle

Das gerade einmal ein Jahr alte DeepSeek enthüllte übereinstimmenden Berichten zufolge eine erstaunliche Fähigkeit, die den US-Markt durcheinander zu wirbeln scheint: Es präsentierte ein ChatGPT-ähnliches KI-Modell namens R1, das über alle bekannten Fähigkeiten verfügt und nur zu einem Bruchteil der Kosten der beliebten KI-Modelle von OpenAI, Google oder Meta produziert worden sei. Das chinesische Unternehmen gab an, nur 5,6 Millionen Dollar für sein neuestes KI-Modell ausgegeben zu haben. Zum Vergleich: Die Mitwerber aus den USA sollen für ihre KI-Technologien Hunderte von Millionen oder mehrere Milliarden Dollar ausgeben haben, wie unter anderem das Wall Street Journal berichtete.

Die Nachricht über DeepSeeks Aufschwung habe am Montag Schockwellen im Technologiesektor ausgelöst. Immerhin hatte Meta in der vergangenen Woche angekündigt, es werde dieses Jahr über 65 Milliarden Dollar für die KI-Entwicklung ausgeben. Sam Altman, CEO von OpenAI, sagte im vergangenen Jahr, die KI-Industrie werde Milliarden von Dollar an Investitionen benötigen, um die Entwicklung gefragter Chips zu unterstützen, die für die Stromversorgung der stromhungrigen Rechenzentren benötigt werden, in denen die komplexen Modelle des Sektors laufen.

Marc Andreessen: „Einer der erstaunlichsten Durchbrüche“

Der Risikokapitalgeber aus dem Silicon Valley und Berater von Donald Trump, Marc Andreessen, bezeichnete DeepSeek-R1 als „den Sputnik-Moment der KI“. Damit spielte er auf den Satelliten an, der 1957 von der Sowjetunion gestartet wurde. Die USA waren von der technologischen Errungenschaft ihres Rivalen überrascht, da sie annahmen, einen deutlichen Vorsprung zu haben. Andreessen, der laut US-Medien zu den weltweit führenden Technologieinvestoren gehört, bezeichnete DeepSeek in einem Beitrag auf X als „einen der erstaunlichsten und beeindruckendsten Durchbrüche, die ich je gesehen habe“.

Keith Lerner, Analyst bei Truist, sagte gegenüber dem US-Sender CNN: „Die Einführung des DeepSeek-Modells führt dazu, dass Investoren den Vorsprung der US-Unternehmen und die Höhe der Ausgaben infrage stellen.“

Ist DeepSeek die Antwort auf Donald Trumps Zollandrohungen?

Experten wollten die jüngsten Entwicklungen zwar nicht überbewerten, da es nichts bahnbrechend Neues gebe. Gleichwohl könnte die Debatte eine Konsolidierung der teils hohen Bewertungen im Tech-Bereich auslösen, sagte ein Börsianer.

„Plötzlich könnten all die hohen Bewertungen so gar nicht mehr gerechtfertigt sein und plötzlich interessiert sich an der Börse auch keiner mehr für die großen Versprechungen des neuen US-Präsidenten Donald Trump, weitere 500 Milliarden Dollar in den KI-Hype zu investieren“, schrieb Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Handelshaus RoboMarkets. DeepSeek könnte die Antwort auf die Zollandrohungen aus Washington sein. (mit dpa)