Thailand hat eine Woche nach der Amtsenthebung von Paetongtarn Shinawatra einen neuen Ministerpräsidenten: Das Parlament wählte am Freitag Anutin Charnvirakul, den Vorsitzenden der konservativ-populistischen Bhumjaithai-Partei, an die Spitze der Regierung. Der 58-Jährige ist erfolgreicher Bauunternehmer und als Architekt der Cannabis-Legalisierung in Thailand bekannt.
Anutin war bereits Vize-Premier, Innen- und Gesundheitsminister. In seiner Zeit als Gesundheitsminister trieb er 2022 die Streichung von Cannabis von der Liste verbotener Substanzen voran – seither boomt im Land ein florierender Markt für Hanfshops und Cannabisprodukte. Die Vorgängerregierung hatte trotz der enormen Einnahmen zuletzt versucht, die Regeln wieder zu verschärfen.
Seine Wahl fiel nach tagelangen Verhandlungen mit der größten Oppositionspartei, der progressiven People's Party (PPLE). Diese sicherte ihm ihre Stimmen zu, stellte aber die Bedingung, dass das Parlament binnen vier Monaten aufgelöst wird und Neuwahlen stattfinden. Eine Beteiligung an der Regierung lehnt die PPLE ab.
Anutin führt nun eine fragile Minderheitsregierung – der dritte Regierungswechsel in zwei Jahren. Beobachter rechnen damit, dass die politische Instabilität im Königreich weiter anhält. Das Verfassungsgericht hatte Paetongtarn Shinawatra Ende August wegen eines als ethisch problematisch eingestuften Telefonats abgesetzt – sie war damit bereits die fünfte Premierministerin oder der fünfte Premierminister seit 2008, die oder der das Amt vorzeitig räumen musste.
Hintergrund: Wer hat in Thailand wirklich das Sagen?
Formell ist Thailand eine parlamentarische Monarchie: Der Ministerpräsident wird vom Parlament gewählt und anschließend vom König bestätigt. In der Praxis ist das politische System jedoch seit Jahren von Instabilität geprägt. Immer wieder wurden Parteien aufgelöst und Premiers durch das Verfassungsgericht abgesetzt – zuletzt Paetongtarn Shinawatra.
Als entscheidender Machtfaktor gilt das Militär. Seit dem Putsch von 2014 haben die Streitkräfte ihren Einfluss durch Verfassungsänderungen und ein von ihnen dominiertes Oberhaus abgesichert. Auch wenn der Senat inzwischen teilweise reformiert wurde, bleibt die Rolle der Armee im politischen Alltag stark.
Die Monarchie wiederum hält sich offiziell aus dem Regierungsgeschäft heraus, spielt aber eine wichtige symbolische und ideologische Rolle. König Maha Vajiralongkorn, Rama X., verfügt über große Vermögenswerte, genießt die Loyalität konservativer Eliten und gilt für das Militär als Garant der bestehenden Ordnung.

