Arbeiterpartei Kurdistans

Türkei: Kurdenführer Öcalan verkündet Auflösung der PKK

Öcalan rief seine Anhänger dazu auf, nach dem jahrzehntelangen Konflikt zwischen der PKK und dem türkischen Staat die Waffen niederzulegen.

Ein Mann hält bei einer Demo in Deutschland eine Flagge mit dem Konterfei von Abdullah Öcalan, dem Führer und Gründer der in vielen Ländern verbotenen und als Terrororganisation eingestuften kurdischen Arbeiterpartei PKK.
Ein Mann hält bei einer Demo in Deutschland eine Flagge mit dem Konterfei von Abdullah Öcalan, dem Führer und Gründer der in vielen Ländern verbotenen und als Terrororganisation eingestuften kurdischen Arbeiterpartei PKK.Andreas Arnold/dpa

Der in der Türkei inhaftierte Kurdenführer Abdullah Öcalan hat die Auflösung der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) verkündet. Öcalan rief seine Anhänger in einer am Donnerstag verbreiteten Erklärung zudem dazu auf, nach dem jahrzehntelangen Konflikt zwischen der PKK und dem türkischen Staat ihre Waffen niederzulegen. Zuvor hatte eine Delegation der pro-kurdischen Partei DEM den inhaftierten Öcalan auf der Gefängnisinsel Imrali bei Istanbul besucht.

„Ich rufe dazu auf, die Waffen niederzulegen, und übernehme die historische Verantwortung für diesen Aufruf“, teilte Öcalan in einem Brief mit, der von DEM-Parteimitgliedern veröffentlicht wurde. Darin heißt es, dass Öcalan möchte, dass seine Partei einen Kongress abhält und ihre Auflösung formell beschließt.

Der Aufruf Öcalans könnte zu einem neuen Friedensprozess zwischen PKK und türkischer Regierung führen - der erste Schritt dieser Art seit mehr als zehn Jahren. Zuletzt wurde 2013 eine Waffenruhe ausgerufen, der Friedensprozess scheiterte aber im Sommer 2015.

Öcalan begründet Auflösung der PKK

Die Erklärung Öcalans stieß auf großes öffentliche Interesse. Im kurdisch geprägten Südosten wurde sie aufgestellten Bildschirmen übertragen. Als Begründung für seinen Aufruf nannte Öcalan unter anderem, dass es Fortschritte im Land bei der Meinungsfreiheit sowie bei der Anerkennung von unterschiedlichen Identitäten gebe. Folglich sei eine Auflösung der PKK notwendig geworden. Er mahnte aber auch: „Die Notwendigkeit einer demokratischen Gesellschaft ist unausweichlich.“

Ob die PKK seinem Aufruf folgt, ist noch ungewiss. Zur PKK-Führungsriege gehören derzeit Murat Karayilan und Cemil Bayik, die vom türkischen Staat wegen Terrorvorwürfen gesucht werden.

Die PKK führt seit vier Jahrzehnten einen blutigen Kampf gegen den türkischen Staat, etwa 45.000 Menschen sind dabei bisher ums Leben gekommen. Die Gruppe wird von der Türkei, der EU und den USA als Terrorgruppe eingestuft. Ihr Gründer, der Kurdenführer Öcalan, sitzt seit 1999 wegen Hochverrats auf der Insel Imrali in Haft.

Was war das Ziel der PKK?

Der aus Südostanatolien stammende Öcalan gründete die PKK im Jahr 1978 in der Provinz Diyarbakir im Südosten der Türkei als marxistisch inspirierte Organisation. Ihr ursprüngliches Ziel war der Aufbau eines sozialistischen Kurdenstaats für das in der Türkei unterdrückte Volk, dessen Angehörige auch in Syrien, im Irak und im Iran leben. Die Kurden sind der Bundeszentrale für politische Bildung zufolge mit über 30 Millionen Menschen weltweit eines der größten Völker ohne eigenen Nationalstaat.

1980 zwang der Militärputsch in der Türkei die PKK und ihren Anführer ins Exil nach Syrien und in den Libanon. 1984 rief Öcalan zur Durchsetzung seiner Ziele zum bewaffneten Kampf gegen den türkischen Staat auf. Die PKK agierte dabei vor allem über Guerillagruppen in der Türkei und im Norden des Irak und Syriens. Es begann eine Spirale der Gewalt zwischen PKK-Kämpfern und türkischen Kräften, durch die zehntausende Menschen getötet wurden, darunter auch viele Zivilisten.

Festnahme in Kenia: Warum entging Abdullah Öcalan der Todesstrafe?

Als der ins Exil geflohene Öcalan 1999 in Kenia vom türkischen Geheimdienst festgenommen, in die Türkei gebracht und dort zum Tode verurteilt wurde, versetzte das der Gruppe einen schweren Schlag. Öcalan entging der Hinrichtung durch die Abschaffung der Todesstrafe in der Türkei, er verbüßt seither eine lebenslange Haftstrafe auf der Gefängnisinsel Imrali bei Istanbul.

Die PKK rückte später von ihrem ursprünglichen Ziel eines eigenen Kurdenstaats ab. Heute will sie politische und kulturelle Rechte für die Kurden innerhalb des türkischen Staatsgebietes durchsetzen.

Öcalans Ansehen bei den Kurden und sein Einfluss auf die PKK mit ihren mehreren tausend Kämpfern sind jedoch ungebrochen. Sowohl die PKK-Kommandeure, die sich im nordirakischen Kurdengebiet verschanzen, als auch die führenden politischen Vertreter der PKK im europäischen Exil erkennen Öcalan nach wie vor als höchste Instanz an.

In Deutschland ist die PKK mit tausenden Anhängern laut Verfassungsschutz mit Abstand die größte nicht-islamistische, extremistische Ausländerorganisation. Nach mehreren gewaltsamen Aktionen der PKK auf deutschem Gebiet und auf türkisches Drängen hin erließ das Innenministerium im Jahr 1993 ein Betätigungsverbot.