Paläontologie

Fossilien zeigen: Anakondas wurden schon vor zwölf Millionen Jahren Giganten

Wann wurden Anakondas zu den Riesenschlangen, die wir heute kennen? Eine neue Studie zeigt: Ihre enorme Größe ist kein neues Phänomen, sondern reicht Millionen Jahre zurück ins Miozän.

Jetzt aber schnell zurück in den Paläontologiekurs – Szene aus dem Film „Anaconda“
Jetzt aber schnell zurück in den Paläontologiekurs – Szene aus dem Film „Anaconda“Imago

Anakondas erreichten ihre Riesengröße bereits im Miozän und sind seitdem gigantisch geblieben. Eine Studie der University of Cambridge hat ergeben, dass sie bereits kurz nach ihrem Erscheinen im Miozän in Südamerika ihre volle Körpergröße erreichten.

Laut der Analyse sind sie seit etwa 12,4 Millionen Jahren riesig geblieben. Damit ist die Anakonda eine urzeitliche Riesenschlange, deren Entwicklungsgeschichte eng mit den klimatischen Bedingungen des Miozäns verbunden ist.

Während der Periode vom Mittleren bis zum Oberen Miozän, also vor 12,4 bis 5,3 Millionen Jahren, wuchsen viele Tiere weit größer als ihre heutigen Verwandten. Dieser Größenzuwachs wurde durch höhere globale Temperaturen, weitverbreitete Feuchtgebiete und reichlich Nahrungsquellen begünstigt.

Die Miozän-Fauna Südamerikas war geprägt von Giganten wie dem zwölf Meter langen Kaiman Purussaurus und der 3,2 Meter langen Riesenschildkröte Stupendemys. Doch während diese Arten später ausstarben, blieb die Anakonda aus der Gattung der Eunectes als großwüchsige Linie erhalten.

Fossilien aus Venezuela liefern neue Erkenntnisse

Um die Größe der urzeitlichen Schlangen zu bestimmen, untersuchten die Forscher 183 fossile Wirbelsäulensegmente von mindestens 32 einzelnen Anakondas. Dieser bedeutende Fossilienfund im venezolanischen Bundesstaat Falcón bereichert die Paläontologie Südamerikas und erlaubt erstmals verlässliche Rückschlüsse auf die Größe der Anakondas im Miozän.

Als das Team diese Messungen mit Fossiliendaten von anderen südamerikanischen Fundorten kombinierte, kam es zu dem Schluss, dass die Anakondas der Urzeit etwa vier bis fünf Meter maßen – eine Größe, die mit der heutigen vergleichbar ist.

Die Frage, wie groß Anakondas früher waren, kann somit mit vier bis fünf Metern beantwortet werden. Die Ergebnisse zeigen: Zwar war die Anakonda nicht die größte Schlange der Urzeit – in einer früheren Epoche lebte mit der Titanoboa eine noch größere Riesenschlange –, aber im Miozän gehörte sie zu den unangefochtenen Giganten.

„Andere Arten wie Riesenkrokodile und Riesenschildkröten sind seit dem Miozän ausgestorben, wahrscheinlich aufgrund der abkühlenden globalen Temperaturen und schrumpfenden Lebensräume. Die Riesen-Anakondas haben überlebt – sie sind superwiderstandsfähig”, sagte Andrés Alfonso-Rojas, Doktorand an der Universität Cambridge und Hauptautor der Studie. Diese neue Studie zur Größe der Anakonda liefert damit ein wichtiges Puzzlestück zur Evolution der Riesenschlangen.

Größe seit 12,4 Millionen Jahren unverändert

Alfonso-Rojas erklärt: „Durch die Vermessung der Fossilien fanden wir heraus, dass Anakondas kurz nach ihrem Erscheinen im tropischen Südamerika vor etwa 12,4 Millionen Jahren eine große Körpergröße entwickelten und ihre Größe seither unverändert blieb.“

Um seine Messungen zu bestätigen, wandte er eine zweite Technik an, die „Rekonstruktion des Urzustands“. Dabei wird ein Stammbaum der Schlangen verwendet, um auf die Körperlängen der urzeitlichen Anakondas und verwandter moderner Arten wie Baumboas und Regenbogenboas zu schließen. Die Analyse unterstützte die Schlussfolgerung, dass die frühen Anakondas im Durchschnitt vier bis fünf Meter maßen, als sie im Miozän erstmals auftauchten.

Anhaltend gleicher Lebensraum

Die Eunectes-Fossilien zeigen, dass Anakondas schon damals ihren Lebensraum in Feuchtgebieten, Sümpfen und großen Flüssen wie dem Amazonas hatten. Während des Miozäns sah der Norden Südamerikas dem heutigen Amazonasbecken sehr ähnlich, was den Anakondas die Besiedlung eines viel größeren Gebiets ermöglichte.

Obwohl sich ihr Verbreitungsgebiet seitdem verkleinert hat, gibt es noch genügend geeignete Lebensräume und Beutetiere wie Capybaras und Fische, sodass ihre Größe bis heute erhalten geblieben ist. Der Lebensraum der Anakondas war in der Urzeit damit deutlich ausgedehnter als heute.

Das Klima im Miozän war ein entscheidender Faktor

Wissenschaftler nahmen bisher an, dass die Anakondas der Urzeit noch größer gewesen wären als die heutigen, da Schlangen sehr temperaturempfindlich sind und das Klima im Miozän wärmer war. Das Klima im Miozän mit seinen höheren Durchschnittstemperaturen und üppigen Feuchtgebieten schuf optimale Bedingungen für große Reptilien.

Alfonso-Rojas ging direkt darauf ein: „Das ist ein überraschendes Ergebnis, denn wir erwarteten, dass die urzeitlichen Anakondas sieben oder acht Meter lang waren. Aber wir haben keine Beweise für eine größere Schlange aus dem Miozän, als die globalen Temperaturen wärmer waren.“

Damit unterscheidet sich die Entwicklung der Anakonda von der anderer Giganten der Epoche und die Frage „Warum starben die Giganten des Miozän aus?” kann beantwortet werden. Während viele Vertreter der Miozän-Fauna, wie Purussaurus und Stupendemys, dem Klimawandel und schwindenden Lebensräumen zum Opfer fielen, bewies die Anakonda eine besondere Anpassungsfähigkeit.

Vor diesem Projekt fehlte es den Forschern an ausreichendem Fossilienmaterial, um genau zu bestimmen, wann die Anakondas ihre enorme Größe entwickelten. Da diese Schlangen mehr als 300 Wirbel haben, bietet die Größe einzelner fossiler Wirbel eine zuverlässige Möglichkeit, die volle Körperlänge abzuschätzen.

Die in dieser Studie analysierten Fossilien wurden über mehrere Feldsaisons von Mitarbeitern der Universität Zürich und des Museo Paleontológico de Urumaco in Venezuela gesammelt. Die Ergebnisse wurden am 1. Dezember im Journal of Vertebrate Paleontology veröffentlicht.

Anakonda im Miozän – ein Überlebender der Giganten

Die neuen Fossilienfunde aus Venezuela liefern den Beweis: Anakondas erreichten bereits im Miozän ihre beeindruckende Größe und haben sie bis heute weitgehend beibehalten. Damit ist die Frage nach der Größe der Anakonda im Miozän beantwortet – und es zeigt sich, dass diese urzeitliche Riesenschlange ein außergewöhnliches Anpassungsvermögen besitzt.

Im Vergleich zur Titanoboa, der größten bekannten Schlange der Erdgeschichte, ist die Miozän-Anakonda zwar kleiner, doch sie ist ein lebendes Fossil der Riesenschlangen-Evolution.

Während andere Giganten jener Epoche wie Purussaurus oder Stupendemys ausstarben, überlebte die Anakonda als mächtige Jägerin in den Feuchtgebieten Südamerikas. Die Paläontologie Südamerikas verdankt diesen neuen Eunectes-Fossilien wichtige Erkenntnisse über die Fauna des Miozäns und die Anpassungsfähigkeit der größten Schlangen der Urzeit bis heute.