Verkehr

Zeitplan steht auf der Kippe: Verzögert sich der Ausbau der Heidekrautbahn?

Nordöstlich von Berlin soll eine wichtige Strecke für Pendler und Ausflügler reaktiviert werden. Doch das Genehmigungsverfahren zieht sich immer länger hin.

Mit dem Zug ins Grüne: Auf der Heidekrautbahn, der Linie RB27, rollt ein dreiteiliger Triebwagen vom Typ Talent durch den Landkreis Barnim. Künftig fahren hier zweiteilige Wasserstoffzüge.
Mit dem Zug ins Grüne: Auf der Heidekrautbahn, der Linie RB27, rollt ein dreiteiliger Triebwagen vom Typ Talent durch den Landkreis Barnim. Künftig fahren hier zweiteilige Wasserstoffzüge.NEB/Christian Bedeschinski

Ursprünglich sollten die ersten Züge im Dezember 2023 fahren. Inzwischen ist von einem Betriebsstart im Dezember 2024 die Rede. Doch auch der jetzige Zeitplan für die Stammstrecke der Heidekrautbahn gerät ins Rutschen. Denn nun wurde bekannt, dass sich der Beginn einer wichtigen Etappe des Genehmigungsverfahrens verzögert. „Die wenigen Zeitpuffer sind geschrumpft“, so die Senatsverwaltung für Mobilität. Das Ziel, den Verkehr in zweieinhalb Jahren aufzunehmen, sei „sehr ambitioniert“.

Es geht um eines der ersten Projekte im Investitionsprogramm i2030, mit dem die Länder Berlin und Brandenburg den Ausbau des Schienennetzes in der Hauptstadtregion vorantreiben wollen. Die Heidekrautbahn erschließt nordöstlich von Berlin Pendlerorte wie Basdorf, Wensickendorf und Wandlitz, aber auch beliebte Ausflugsziele wie den Liepnitz- und Wandlitzsee sowie Groß Schönebeck in der Schorfheide.

In Wilhelmsruh im Norden Berlins entsteht die neue Endstation

Seit vielen Jahren beginnen die meisten Züge in Karow im Berliner Bezirk Pankow. Doch einst war Wilhelmsruh im Norden Berlins der Ausgangspunkt. Als 1961 der Bau der Mauer begann, verschwand der Anfang der Stammstrecke jedoch im DDR-Grenzgebiet hinter Stacheldraht. Die Trasse wurde verkürzt, in den 1980er-Jahren beendete die Reichsbahn den verbliebenen spärlichen Personenverkehr. Heute sind auf dem Gleis, das über Rosenthal, Blankenfelde, Schildow, Mühlenbeck und Schönwalde verläuft und kurz vor Basdorf in die heutige Strecke mündet, Güterzüge zu Stadler Pankow unterwegs.

Für den Neubau eines rund 600 Meter langen Abschnitts, zu dem der künftige Bahnhof Wilhelmsruh gehört, besitzt die Niederbarnimer Eisenbahn (NEB) einen Planfeststellungsbeschluss. Für den größten Teil der 14 Kilometer langen Stammstrecke fehlt allerdings die Genehmigung zum Ausbau. Wie berichtet hat sich die Bereitstellung von Untersuchungen und Dokumenten verzögert. Zuletzt hieß es, dass die öffentliche Auslegung der Planfeststellungsunterlagen im zweiten Quartal 2022 beginnt. Jetzt hat die Verwaltung von Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) den Zeitplan angepasst.

So soll der geplante Bahnhof Wilhelmsruh im Norden Berlins aussehen. Der 140 Meter lange Bahnsteig und das einzige Gleis werden auf einem Damm liegen. Über eine Treppe und eine Rampe gelangen die Fahrgäste zur S-Bahn-Station Wilhelmsruh (links). Die S1 und die S26 bringen die Fahrgäste ins Zentrum und andere Teile Berlins.
So soll der geplante Bahnhof Wilhelmsruh im Norden Berlins aussehen. Der 140 Meter lange Bahnsteig und das einzige Gleis werden auf einem Damm liegen. Über eine Treppe und eine Rampe gelangen die Fahrgäste zur S-Bahn-Station Wilhelmsruh (links). Die S1 und die S26 bringen die Fahrgäste ins Zentrum und andere Teile Berlins.Visualisierung: Niederbarnimer Eisenbahn

„Die Auslegung der Planungsunterlagen für die Öffentlichkeit und die Träger öffentlicher Belange wird voraussichtlich im August/September 2022 erfolgen. Ziel ist es, die Vorlage des Planfeststellungsbeschlusses etwa Mitte 2023 zu erreichen“, so Sprecherin Constanze Siedenburg zur Berliner Zeitung. Anschließend könnten voraussichtlich 2023 und 2024 die Baumaßnahmen an der Stammstrecke erfolgen. Dazu gehört auch der Bau neuer Haltepunkte. Vor allem in Schildow befürchten Anwohner Lärmbelastungen, im Bezirk Pankow werden mehr Querungen für Fußgänger gefordert.

Die i2030-Projektpartner begleiten das Projekt eng, hieß es in der Senatsverwaltung. „Sie unterstützen die Vorhabenträgerin dabei, den Zeitplan so weit möglich zu straffen und für einen optimalen Durchlauf des Projektes zu sorgen.“ Allerdings gebe es ein großes Aber: „Die Entwicklungen im und nach dem Planfeststellungsverfahren sowie bei der Finanzierungssicherung sind zeitlich im Vorhinein nur schwer abschätzbar“, erklärte Constanze Siedenburg. „Sollten hier unvorhersehbare Verzögerungen eintreten, können sich diese auch auf den Zeitpunkt der Inbetriebnahme auswirken.“

Dampf statt Dieselabgase: Wasserstoffzüge lösen die heutigen Fahrzeuge ab

Wie berichtet hat die NEB bei Siemens sieben Wasserstofftriebwagen Mireo Plus H bestellt, die im Dezember 2024 die Fahrgastbeförderung aufnehmen sollen. Die Stammstrecke, die einen zweiten Linienast nach Berlin bilden wird, wird zu ihrem Einsatzgebiet gehören. Allerdings wurde jetzt bekannt, dass die Zweiteiler deutlich weniger Fahrgäste befördern können als die Dreiteiler vom Typ Talent, die heute auf dem Netz der Heidekrautbahn rollen. Die jetzigen Triebwagen haben 156, die künftigen laut Hersteller 128 Sitzplätze. Der Bahnhersteller Alstom kam bei dem Vergabeverfahren nicht zum Zuge. Sein iCoradia Lint ist für die geplante Werkstatt etwas zu lang.