Berlin-Mir ist aufgefallen, dass das Brot im Berlinischen einen ganz besonderen Platz hat. Nicht nur im alten Zilleschen Ruf: „Mutta, schmeiß Stulle runta!“. Es gibt so einiges, das sich um Brot dreht: „Det frisst ja keen Brot“ (kann ruhig aufbewahrt werden) – „Det kriej ick alle Taare uff’t Brot jeschmiert“ (vorgehalten) – „Die lässt sich nich die Butter vom Brot nehmen“ und vieles mehr.
Einst aß man „Brotsuppe“, das Bier ist immer noch „flüssig Brot“. Nach dem Krieg sagten die Leute: „Lieber ’n Leben lang trocken Brot als ’n einzijer Tach Kriech“. Es gab „Brotmarken“ und Sprüche wie: „Trocken Brot macht Wangen rot, Butterbröter noch viel röter“.
Täglich Malfa-Kraftma-Brot
Ein spezieller Spruch meiner Jugendzeit bezog sich auf das Malfa-Kraftma-Brot, das es in der DDR-Zeit bei uns „im Konsum um de Ecke“ zu kaufen gab. Es schmeckte ganz gut, vor allem, wenn man ein frisches erwischte. Malfa stand für Malzfabrik und Kraftma für Kraftmalz, weil das Backwarenkombinat Berlin Gerstenmalz verwendete. Wir Jugendlichen veräppelten den Namen und riefen: „Alle vier Wochen mal vakraft ma dit Brot“. Was nicht stimmte. Bei uns zu Hause wurde es täglich gegessen.
Warum komme ich überhaupt aufs Brot? Na, weil plötzlich darüber debattiert wird, dass aufgrund des Krieges in der Ukraine die Getreideexporte aus der östlichen „Kornkammer Europas“ in Gefahr sind. Dazu gehören neben Weizen auch Gerste, Roggen und Mais. Aus Getreide wird nicht nur Brot gemacht. Es findet sich überall, auch in Nudeln, Bier, Biokraftstoff und im Schnitzel – mehr als die Hälfte des Getreides geht ins Tierfutter. Futtermais!
Doch das Brot ist dabei noch immer ein zentraler Begriff. Einst war es Symbol für Wohlstand schlechthin. In der Antike köderte man das Volk mit „Brot und Spielen“. Später tat man es mit „Arbeit und Brot“. Wer einen festen Job hatte, stand „in Lohn und Brot“. Noch heute heißt es, jemand backe „kleine Brötchen“ oder betreibe eine „brotlose Kunst“.
Die große Verschwendung
Mein alter Schulkumpel hat sich einmal lustig gemacht über den Slogan „Brot statt Böller“. Er schießt zu Silvester gern Raketen ab. „Ick hab det mal mit Brot probiert“, sagte er, „aber det fliecht nich so jut“. Haha. Dabei wissen wir ja durchaus, was gemeint ist. Statt in Knallereien soll das Geld in Hilfsaktionen von „Brot für die Welt“ fließen.
Wer an die ganze Welt denkt, der sollte aber erst mal bei sich selbst anfangen. Wie ich lese, wirft jede und jeder Deutsche jährlich im Schnitt 7,7 Kilo Brot und Backwaren zu Hause weg. In ganz Deutschland sollen sich die Verluste an Backwaren auf 1,7 Millionen Tonnen summieren. Zugleich jammern wir über ausbleibende Getreide-Importe!


